Auferweckung des Jünglings von Naïn (Lk 7, 11 – 16)

24. Oktober 2021

Metropolit Antonij von Surosch

Auferweckung des Jünglings von Naïn

Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes!

Zwei Wesenszüge der heutigen Lesungen möchte ich hervorheben.

Der erste ist die Auferweckung des Jünglings von Naïn (siehe Lk 7, 12 – 15). Was lehrt uns diese Begebenheit? Natürlich, zunächst einmal Erstaunen vor der Macht des Herrn, Der die Kraft hat, Tote zu erwecken, Der der Herr ist über Leben und Tod. Aber so einfach verlief die Sache mit der Auferweckung nicht. Da ging die Witwe, die alles verloren hatte, was ihr auf Erden lieb gewesen ist, mit Ausnahme ihres einzigen Sohnes. Dieser Sohn war jetzt tot, und hinter seinem Leichenzug lief sie jetzt her, begrub ihre letzte Freude und verlor ihre letzte Hoffnung. Und der Herr, der auf sie zugeht, drückt sein Mitleid aus, jenes Mitleid, das der Grund für die Menschwerdung des Sohnes Gottes wurde, jenes Mitleid, das Ihn, den Sohn Gottes, zum Menschensohn machte, damit Er die Menschen von allem Bösen errettet. Aber Er erweckte nicht einfach den Toten, Er wandte sich zuerst an seine Mutter mit den Worten: „Weine nicht!“ Er forderte von ihr zunächst, dass sie Ihm bis zum Ende vertrauen sollte, damit sie angesichts des Todes ihres Sohnes aufhört zu weinen und ihn in den Willen Gottes abgab. Und erst dann konnte Christus ihren Sohn erwecken.

Dies ist ein tiefgehendes Lehrstück für uns. Wir müssen den Verlust von allem durchmachen, was wir lieben, was uns mit der Erde verbindet, was uns zu Sklaven der Erde macht, auch wenn wir denken, dass wir sie beherrschen, die Verluste in diesem Elend versenken und einfach vor Gott stehen mit der Bereitschaft, Seine Worte zu hören: „Weine nicht über das Verlorene, erwarte ein Wunder!“ Wenn wir tatsächlich alles verlieren, außer unserem Glauben an Gott, wenn wir werden bereit sein Ihm alles zu schenken, auch sich selbst und sogar sein Leid, dann wird in uns das Leben auferweckt.

Das zweite, wovon ich erzählen möchte, ist folgendes. Wie konnte der Herr, Der Selbst den Tod erleiden musste, den Jüngling von Naïn auferwecken? Wie konnte dies geschehen, war Er Selbst etwa nicht unter der Macht des Todes? Wie konnte Er den Tod besiegen, dem Er unterworfen war? Er war dem Tod nicht untertan. Wir alle werden in dieses zeitliche Leben geboren, um dadurch in das ewige Leben hineinzuwachsen, in das wir durch das Tor des Todes eintreten. Der unsterbliche Christus wurde in dieses Leben geboren, um zu sterben. Wir werden geboren, um zu leben. Er wurde geboren, um am Kreuz zu sterben. Der Hl. Maximos der Bekenner sagte, dass der Tod nicht in Ihm war, denn es kann sich Gottheit und Menschheit in einem Wesen nicht unzertrennlich, unteilbar, unvermengt vereinigen und gleichzeitig dem Tod eigen sein. Christus hat den Tod willentlich auf sich genommen, Er war ihm nicht untertan. Er war auch in seiner Menschheit vom Beginn Seiner Menschwerdung an unsterblich. Er war Gott, der Fleisch wurde. In seinem Fleisch war Er ohne Sünde, in Seiner Gottheit allmächtig und so konnte Er dieses Wunder tun.

Mit Ehrfurcht denken wir an solch eine Liebe, an solch ein Mitleid, das Gott zum Menschen machte, um in den Tiefen der gefallenen Welt zu leben, unseren Tod zu sterben, diesen auf sich zu nehmen, gleichzeitig ihm aber vom Wesen her fremd zu bleiben und aufzuerstehen, um uns die Tore des ewigen Lebens zu öffnen. Amen.

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