Die beste Zeit unseres christlichen Lebens

2. Juni 2024

Gesprach mit der Samariterin am Brunnen

Die Auferstehung setzt sich fort, und wir - die Kranken, die Kraftlosen, die Lahmen, die Blinden - werden sehend und beginnen, Gott zu loben, beginnen uns zu freuen, wenn auch unter Tränen, ehrlich gesagt.

Im heutigen Evangelium haben wir von der Begegnung Gottes mit einem sündigen Menschen gehört (siehe: Joh 4, 5-42). Die samaritanische Frau hatte sehr viel gesündigt. Und sie ging in der Hitze des Tages zum Brunnen, um dort niemanden zu treffen, denn sie schämte sich und wollte sich nicht den Menschen zeigen. (So schämen wir uns auch vor den Menschen, aber wir schämen uns nicht vor Gott). Aber trotz all ihrer Sündhaftigkeit fühlte sich ihre Seele zu Gott hingezogen. Und Gott begegnete ihr. Dies ist die Geschichte der Erlösung des Menschen ... Dies ist der Zöllner, der sagte: "Gott, sei mir Sünder gnädig!" Es ist die Hure, die dem Heiland mit ihren Tränen die Füße wusch. Das und der Räuber am Kreuz. Dies sind alles Menschen, die noch ein Licht des Lebens und des Glaubens in ihren Seelen hatten ...

Und es gab ein Gespräch zwischen Gott und der samaritanischen Frau, ein theologisches Gespräch. Die Apostel teilten unter sich die Plätze auf, wer zur Rechten und wer zur Linken sitzen sollte und sie dachten: “Lasst uns einen mächtigen Staat schaffen, wir haben so viel Macht!” Aber die Samariterin konnte etwas über den Geist erfahren, dass der Geist nicht irgendwo an einem bestimmten Ort weilt, der Geist ist vor allem im Menschen. “Löscht den Geist nicht aus. Erniedrigt nicht die Prophetie” (1 Thess 5, 19f.). Und sie glaubte offensichtlich Christus, gemäß dem Wort: “Wo jedoch die Sünde mächtig wurde, da ist die Gnade übergroß geworden.” ( Röm 5,20). Und zusammen mit ihr glaubten auch andere Samariter, Menschen, die die Juden verachteten, weil sie sie für gottlos, abweichend und vom reinen Glauben abgefallen hielten. Sie glaubten, und das ist ein Wunder!

Heute, denke ich, ist die beste Zeit unseres christlichen Lebens. Eine Zeit, in der wir uns als Sünder fühlen, als die schlimmsten von allen. Wie in dem Gebet: "Jegliche Sünde habe ich begangen, alle Unreinheit habe ich in meine Seele gelegt." Und so haben alle Heiligen gelebt. Sie waren nicht stolz auf ihre asketischen Leistungen oder Offenbarungen, die sie von Gott erhalten hatten. Sie sahen sich vor Gott als sündige Menschen, und diese Reue gab ihnen die Möglichkeit, Wunder zu vollbringen und dem Herrn zu dienen. Hier gibt es eine ganz andere Werteskala. Wer sich für einen Helden oder Gerechten hält, wer meint, er sei besser, fähiger, stärker als andere, ist ein Schwächling. “Viel lieber also will ich mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt.” (2 Kor 12,9).

Es bleibt nicht mehr viel Zeit. Wir werden noch einmal als Osterprozession um die Kirche gehen, und dann war's das. Nächste Woche feiern wir bereits das Fest der Himmelfahrt Christi. Aber der Geist der Auferstehung sollte trotz allem in uns bleiben. Sonst wird man sagen: "Du gehst in die Kirche, nimmst die Kommunion, aber es ist schrecklich, dich anzuschauen! Du bist verzagt.” Und auch ich kämpfe mit der Verzagtheit. Es gibt Zeiten, in denen man einfach keine Kraft mehr hat, und es scheint, als sei man tot. Aber du darfst dieser Sünde nicht trauen.

Ich möchte Ihnen von einem Mann erzählen, der auf unserem Klosterhof lebte. Sein Name war Igor. Er hatte nur vier Schuljahre absolviert. In seinem Leben war er insgesamt vierzig Jahre lang im Gefängnis gewesen. Vierzig Jahre! Er war ein professioneller Taschendieb und in der kriminellen Welt sehr bekannt. Nun kam dieser Mann in die Kirche auf dem Klosterhof, nachdem er wieder aus dem Gefängnis entlassen worden war (er befand sich nie lange in Freiheit). Und er begegnete Gott, können Sie sich das vorstellen? Diesen Mann mit seiner vierklassigen Schulbildung berührte die Gnade Gottes. Er lernte das Glaubensbekenntnis auswendig. Und als er an Krebs erkrankte, kam er voller Freude zur Beichte und dankte Gott. So ähnlich erging es der Samariterin im Evangelium von heute. Doch alle, die sich für Helden hielten, gingen wieder weg. Viele kommen zu uns und sagen: "Mit wem soll ich hier leben? Das sind doch alles Penner, Alkoholiker, Kriminelle ... Ich will nicht mit ihnen leben." Und ich sehe, dass derjenige bald gehen wird, weil er keine Gnade empfangen kann. Lasst uns also unser eigenes Maß erkennen. Und lasst uns nicht in die Breite und Höhe wachsen, sondern in die Tiefe. Denn die Tiefe des Menschen ist seine Reue vor Gott.

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