Gleichnis vom Sämann und vom Samen

30. Oktober 2022

Gleichnis vom Sämann und vom Samen

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!

Denn lebendig ist das Wort Gottes, kraftvoll und schärfer als jedes zweischneidige Schwert; es dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark; es richtet über die Regungen und Gedanken des Herzens. (Hebr 4,12) So schreibt es der Apostel Paulus in seinen Weisungen an die Christen. Weil unser Herr, dem Hören des Wortes Gottes eine so große Bedeutung beimisst, legt er uns im heutigen Heiligen Evangeliums das Gleichnis vom Sämann und vom Samenkorn vor, in denen er beschreibt auf welche Weise Sein göttliches Wort in die Herzen der Menschen gelangt.

Das Wort Gottes, meine Lieben, ist sehr wichtig für das religiöse und moralische Leben der Menschen. Ohne die göttliche Offenbarung, die im Wort Gottes enthalten ist, hätten wir kein wirkliches Verständnis von Gott und seinem Wesen sowie seinen Eigenschaften, noch von der Welt, ihren Ursprüngen und ihrem endgültigen Schicksal, noch über uns selbst - über unsere Berufung im gegenwärtigen und zukünftigen Leben und über unser Wesen.

Ohne Gottes Wort könnten wir auch kein wirklich moralisches Leben führen.

Nur das Wort Gottes definiert klar, was das Wesen und die Vollkommenheit eines wahrhaft moralischen Lebens ist. und Vollkommenheit eines wahrhaft sittlichen Lebens. Das Wort Gottes ist eine geistliche Sache, ein göttlicher Same, aus dem der geistliche Mensch gezeugt wird und wächst.

Wie in der Welt der Materie alles - vom kleinsten Halm bis zum größten Baum - aus dem Samen geboren wird und wächst, so wird in der geistlichen Welt eine neue Schöpfung in Christus durch das Hören des Wortes des Herrn, des Wortes des Glaubens und der Hoffnung, des Wortes des Heils und des ewigen Lebens zum neuen Leben wiedergeboren.

Nackt und hässlich, tot und leblos in sich selbst ist die Erde, aber wenn Samen auf sie geworfen und von Regentropfen begossen werden, schließlich von den Strahlen der Sonne erwärmt werden, dann wird sie letztendlich mit bunten, goldenen Blumen, Früchten und Gräsern geschmückt sein. Tot und hässlich in sich selbst ist unsere sündige Natur des gefallenen Menschen, die nur dazu fähig ist, sündige Gedanken, Gefühle und Unwahrheiten von der Jugend bis ins hohe Alter zu kultivieren. Aber, wenn die lebendige Saat des Wortes Gottes und der Frohbotschaft Christi in sie gelegt wird, danach von der Gnade Christi begossen und vom Atem des Heiligen Geists gewärmt wird, dann wird in ihr neues Leben entstehen. Sie ist gekleidet wie mit angenehm riechenden Kräutern in ein Gewand aus heiligen Gedanken, ehrfürchtigen Gefühlen und Absichten. Sie verströmt den Wohlgeruch von duftenden Blüten der guten Werke und den Früchten des Heiligen Geistes: Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Barmherzigkeit, Glaube, Sanftmut, Selbstbeherrschung (vgl. Gal 5,22-23).

So wie der materielle Samen, auch wenn er regeneriert wird, seine eigene Vitalität nicht verliert.

Wie der materielle Samen, auch wenn er wieder und wieder geboren wird, seine Lebenskraft nicht verliert, so hört auch der geistliche Samen, das Wort Gottes, das der Eingeborene Sohn Gottes auf die Erde brachte, nicht auf sich in den Menschenherzen in allen Ländern der Welt auszubreiten, um die Seelen der Menschen zu einem neuen, geistlichen Leben zu erwecken und bis zum Ende der Welt Früchte hervorzubringen.

Aber leider ist das Wort Gottes nicht in allen Herzen gleichermaßen fruchtbar. Und die Gründe für diese Unfruchtbarkeit werden nun im Gleichnis aus dem Evangelium genannt.

Der Herr sagt, dass, als der Sämann anfing zu säen, ein Teil des Samens am Wegesrand liegen blieb und zertreten wurde, und einige Vögel kamen und fraßen ihn (siehe Lk 8,5). Damit sind diejenigen gemeint, die das Wort Gottes hören, es aber nicht verstehen. Der Teufel kommt und nimmt dieses Wort aus ihren Herzen, so dass sie nicht glauben und gerettet werden. Und deshalb ist das erste Hindernis dafür, dass das Wort Gottes in der Seele eines Menschen Frucht bringt, Unaufmerksamkeit, Gedankenlosigkeit, Zerstreutheit und Sorglosigkeit, worunter die meisten Menschen leiden. Die Seelen und Herzen solcher Menschen stellen sozusagen eine große Straße dar, offen für alle vorübergehenden Gedanken, Eindrücke, für alle Verlockungen und Liebhabereien, für alles Gerede und alle Eitelkeiten. Solche Menschen leben nur von ihrem Interesse an neuen Eindrücken, Gerüchten und und Hobbys, was ihre Seelen bald austrocknet und sie werden unempfänglich für das Wort Gottes.

Dringen nun der Teufel oder böse Menschen oder Eindrücke, die nicht im Einklang mit dem Wort Gottes stehen, in die Seelen ein, dann wird das Wort Gottes von solchen Seelen weggenommen, herausgedrängt und so werden sie unfruchtbar. Wie kann man sich von einem solchen Gemütszustand befreien und die Seele wieder aufnahmefähig machen? Ein Beispiel hierfür könnte aus dem Leben eines Landwirts entnommen werden. Wenn er einen Weg in einen Acker verwandeln will, dann zäunt er ihn ein, damit Reisende das Stück nicht betreten können, pflügt ihn und sät seine Saat aus. Dann trägt er Früchte. So sollen sich die zerstreuten Seelen von irdischen Ablenkungen und weltlichen Eindrücken fernhalten und sich auf das sorgfältige Lesen des Wortes Gottes konzentrieren, um in sich die guten christlichen Gefühle und die Liebe wiederzubeleben, um in einem wahrhaft christlichen Leben reiche Frucht zu bringen.

Der andere Samen fiel auf den felsigen Boden und ging schnell auf, aber weil er keine Wurzel hatte, verdorrte er schnell (vgl. Mk. 4, 5-6; Lk. 8, 6).

Damit sind diejenigen gemeint, die gerne auf das Wort Gottes hören, dann aber aufgrund von Verfolgung oder Versuchungen abfallen und keine Frucht bringen. Somit ist das zweite Hindernis für die Fruchtbarkeit des Wortes Gottes in den Seelen ein steiniger Boden, d.h. durch Eigenliebe oder andere Leidenschaften und Begierden verhärtete Herzen, die nicht durch ein Gefühl der Liebe, des Mitgefühls, oder Wohlwollen gegenüber anderen gemildert werden. Unter dem Einfluss der Selbstliebe sind diese Seelen versteinert, gefühllos und ohne Mitgefühl geworden.

Deshalb sind sie unfähig, das Wort Gottes zu empfangen, und deshalb bringen sie keine Frucht. Sie hören zwar das Wort Gottes, aber es verwelkt bald in ihnen.

Um diese Armut der Seele zu heilen, zu beseitigen, ist es notwendig sich in der Selbstverleugnung und in Werke der Nächstenliebe zu üben, Umgang mit barmherzigen und frommen Menschen, sowie Gespräche und Lektüre über die Werke der Barmherzigkeit zu pflegen, die zusammen die Seele allmählich erweichen können, sodass sie ansprechbar, liebevoll und warmherzig wird.

Der andere Same fiel in die Dornen, und die Dornen wuchsen und erstickten den Samen (vgl. Lk 8, 7). Damit sind diejenigen gemeint, die auf das Wort Gottes hören, in denen es aber durch die Sorgen dieser Zeit, Reichtum und Vergnügungen erstickt werden und es wird übertönt (vgl. Lk 8,14).

Im geistlichen Leben versteht man gewöhnlich unter dem Begriff “Dornen” eine Vielzahl von alltäglichen Sorgen und Nöte, Vergnügungen, Annehmlichkeiten des Lebens, Befriedigung jeglicher Lüste und Begierden. Natürlich wird die Seele durch diese Einflüsse erstickt und das Wort Gottes kann darin nicht versiegelt werden.

Um seine Seele von diesen Leiden zu heilen und das Wort Gottes in ihr Frucht bringen zu lassen, muss man sich zunächst von weltlichen Sorgen befreien, und alle Aufmersamkeit auf ihre Rettung als wichtigste und vorrangigste Sorge richten.

Der angestrebte Schatz des Christen ist das Reich Gottes. “Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben." (Mt 6,33), sagt der Heiland.

Deshalb ist es in erster Linie notwendig, sich um die Rettung seiner Seele zu sorgen, denn dann wird sich alles andere von selbst regeln, denn unsere Sorgen um weltliche Dinge werden zweitrangig und die guten Keime des Wortes Gottes in uns werden nicht erstickt.

Aber es gibt nicht nur unfruchtbare Seelen, sondern auch fruchtbare. Ein anderer Samen ist auf guten Boden gefallen und trägt dreißig-, sechzig- oder hundertfache Frucht (vgl.Markus 4,8). Dies sind die Menschen, die ein gutes und reines Herz haben und das Wort Gottes aufmerksam hören und in Geduld Frucht bringen (Lk. 8, 15). In der Tat brauchen sie viel Geduld, um den verschiedenen Versuchungen, Anfechtungen und Sorgen dieser Welt zu widerstehen und ihre Herzen rein und keusch zu bewahren. Gleichzeitig werden sie aber auch mit reichlich Früchten belohnt.

Liebe Brüder und Schwestern, damit das Wort Gottes in uns Frucht bringe, lasst uns zunächst aufmerksam darauf hören,es lesen und darüber nachdenken, und gleichzeitig jede Unachtsamkeit und Zerstreutheit verscheuchen und von unserem Herzen jede schädliche Geschäftigkeit und Eitelkeit fernhalten. Dann werden wir Frucht bringen in Geduld, auf die uns auch der Heiland aufmerksam gemacht hat, indem er am Ende des Gleichnisses hinzufügte: "Wer Ohren hat zu hören, der höre" (Lk 8, 15).

Wenn wir uns angestrengt darum bemühen, wird der barmherzige Herr selbst uns helfen, unsere Seelen von den weltlichen Sorgen zu reinigen, und sie mit seiner Gnade zu befruchten, damit wir hier auf Erden für Ihn gute Früchte bringen können, um des ewigen Lebens im Himmel würdig zu sein. (1 Kor 2,9). Amen.

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