Moskauer orthodoxe Klöster (Teil 4)

22. November 2021

Das Neujungfrauenkloster in Moskau

Das Neujungfrauenkloster in Moskau - einst und jetzt (2)

Das Nowodewitschi-Kloster diente als Landsitz und war die Lieblingsidee von Zarin Sophia Alexejewna, der älteren Schwester von Peter I. Während ihrer Herrschaft (1682-1689) erreichte das Kloster seinen Höhepunkt. Aber nach einer siebenjährigen Regentschaft und dem Aufstand (1689) wurde Zarin Sophia im Nowodewitschi-Kloster eingesperrt und aus der Erbauerin und Verschönerin des Klosters wurde eine Gefangene. Zusammen mit Sophia geriet ihr geliebtes Kloster in Ungnade: Das Kloster blieb für fast ein Vierteljahrhundert unter der Bewachung der dem Zaren ergebensten Soldaten.

Der Vaterlaendische Krieg von 1812

Der Vaterländische Krieg von 1812

Neue Prüfungen für das Nowodewitschi-Klosters entstanden 1812 während der Invasion Napoleons. Nach der Schlacht von Borodino marschierten die Franzosen in Moskau ein. Das Nowodewitschi-Kloster wurde einen Monat lang von französischen Truppen besetzt (vom 4. September bis 9. Oktober). Das Kloster wurde wie durch ein Wunder nicht zerstört: Die Franzosen lagerten darin Proviant und Pferdefutter. Während des Rückzugs wollten die Franzosen die Smolensker Kathedrale und die Himmelfahrtskirche sprengen, sie untergruben die Kirchen und lagerten dort eine große Anzahl von Pulverfässern. Beim Verlassen des Klosters hinterließen die französischen Soldaten auf Befehl Napoleons brennende Kerzen in allen Zellen und Kirchen und zündeten die Dochte der Pulverfässer an. Die Explosion wurde jedoch verhindert. Die Schatzmeisterin des Klosters, die Nonne Sarah (Nikolajewa) weckte die verbliebenen Schwestern und Geistlichen, um das bereits im Gange befindliche Feuer zu löschen, und die unterirdischen Kammern mit den Dochten, die der Feind angezündet hatte, wurden mit Wasser geflutet.

Wirtschaftliche und karitative Aktivitäten des Klosters

Im XIX - frühen XX Jahrhundert erreichte die Zahl der Nonnen im Nowodewitschi-Kloster 300 Personen. Die Schwestern arbeiteten in der Kirche, buken Prosphoren und Brot,waren im Refektorium, den Ikonenmal- und Handwerksbetrieben tätig, kümmerten sich um den Friedhof. Besonders berühmt waren die klösterlichen Weiß- und Goldstickereien. Außerhalb der Klostermauern befanden sich Gärten, Gemüsegärten und ein kleiner Viehhof.

Am Kloster waren wohltätige Einrichtungen tätig. 1724 wurde ein Waisenhaus für 250 Mädchen eröffnet, die unter anderem das Weben holländischer Spitzen erlernten. Peter I. hatte speziell Handwerkerinnen aus Brabant zur Ausbildung der Schwestern nach Russland eingeladen. Eine Sonntagsschule wurde eröffnet. Es gab ein Krankenhaus und zwei Pflegeheime für ältere Nonnen.

Während des Ersten Weltkrieges beteiligte sich das Kloster am Bau und Unterhalt des Lazarettes der Mariä Fürbitt-Gemeinschaft. Zwanzig Nonnen dienten als Barmherzige Schwestern in Lazaretten, andere nähten Soldatenunterwäsche und sammelten Pakete für die Front.

Zu Sowjetzeiten

In den Jahren 1918-1919 wurden auf Erlass der sowjetischen Regierung die karitativen und pädagogischen Einrichtungen des Klosters geschlossen, Bankguthaben und Land beschlagnahmt und die Klosterzellen der Roten Armee und Arbeitern zur Unterbringung überlassen. 1922 wurde das Kloster aufgelöst. Innerhalb seiner Mauern wurde das Museum der Epoche der Zarin Sophia und der Strelitzen-Aufstände eröffnet.

1934 wurde das Nowodewitschi-Kloster eine Filiale des Staatlichen Historischen Museums.

Erst nach dem Ende des Großen Vaterländischen Krieges wurden innerhalb der Mauern des Nowodewitschi-Klosters die Gottesdienste wieder aufgenommen und pastorale und theologische Kurse eröffnet (1944). Seit 1964 sind die Himmelfahrtskirche und die Lopuchinski-Gemächer Bischofskirche und Residenz der Metropoliten von Krutitski und von Kolomna, die der Moskauer Diözese vorstehen.

Das Hauptheiligtum des Klosters

Die Smolensker Ikone der Muttergottes, der Legende nach vom Apostel und Evangelisten Lukas geschrieben, erhielt ihren Namen von der Kirche in Konstantinopel gen. Odigon ("Wegweiser"), in dem sie sich befand. Es wird angenommen, dass die Ikone 1046 nach Russland kam, als der byzantinische Kaiser Konstantin IX Monomach diese Ikone seiner Tochter Anna, die den russischen Fürsten Wsewolod Jaroslawitsch heiratete, mit auf den Weg gab. Die Ikone wurde zum Familienheiligtum der russischen Fürsten, ein Symbol für die Kontinuität und dynastische Nähe von Konstantinopel und Russland.

Seit 1077 befand sich die Ikone der Gottesmutter "Hodegetria" in der Himmelfahrts-Kathedrale von Smolensk, die als Schützerin der Stadt und des Fürstentums verehrt wurde, seit 1404 befindet sie sich in Moskau in der Verkündigungs-Kathedrale des Kremls.

icone Theotokos

Großfürst Wassili der Dunkle gab die Ikone 1456 nach Smolensk zurück und hinterließ eine genaue Kopie davon im Kreml, die von Wassili III. wiederum in das Nowodewitschi-Kloster überführt wurde. Seitdem wurde am 10. August (28. Juli nach Julianischem Kalender) eine Prozession des Kreuzes von der Mariä-Verkündigungs-Kathedrale des Kremls zum Nowodewitschi-Kloster, dem „Haus der Allreinen Odigitria genannt das Neujungfrauenkloster“ durchgeführt. Diese heilige Prozession wurde immer von den russischen Zaren (bis Peter I.) und Moskauer Ersthierarchen (bis 1917) angeführt. Begleitet wurde der Feiertag von den berühmten Volksfesten auf dem Jungfrauenrain.

Das Architekturensemble

Der Gebäudekomplex des Nowodewitschi-Klosters besteht aus 8 Kirchen und 6 Wohn- und Haushaltsgebäuden, die bis heute gut erhalten sind. Das einzigartige architektonische Ensemble, das noch immer durch die Harmonie der Proportionen, die Vielfalt der Formen und die Raffinesse der Stuckatur besticht, wurde während der Regierungszeit von Zarin Sophia Alexejewna errichtet. Auf Kosten der Zarin wurden ein Refektorium mit der Himmelfahrtskirche, 2 Torkirchen - die Mariä Schutz und die Verklärung des Herrn - Kirche, Wohngebäude und Häuser errichtet. Unter Sophia wurde das Aussehen der Festungsmauern und -türme, die neben den neuen Bauten zu streng aussahen, aufgeweicht. Die Mauern des Klosters wurden verstärkt, erweitert und geschmückt. So erhielten die 12 Wachtürme anmutige Zierspitzen in Form von Kronen. Über den nördlichen und südlichen Toren erhoben sich die Kirchen der Verklärung des Herrn und der Fürbitte der Gottesmutter mit angrenzenden zwei- und dreigeschossigen palastartigen Zeremonialgebäuden. Entlang der Nordwand wurden ausgedehnte Zellengebäude aus Stein für Nonnen gebaut, die man „geflügelte Jungfrauen“ (Chornonnen) nannte.

1690 wurde ein 72 Meter hoher barocker gestufter Glockenturm aus weißem Stein von oben bis unten ausgestattet, die 3. und 5. Ebene des Glockenturms werden von den Glockenspielen eingenommen.

Moskauer orthodoxe Kloester

Die Hauptkirchen

Die Hauptkirchen des Nowodewitschi-Klosters bilden ein regelmäßiges Kreuz nach Osten. In der Mitte befindet sich die monumentale Smolensker Kathedrale mit fünf Kuppeln - der Hauptkirche des Klosters, die der Smolensker Ikone der Gottesmutter gewidmet ist. In seinem Inneren ist Freskenmalerei aus dem 16. Jahrhundert erhalten geblieben. Die Kathedrale wurde nach dem Vorbild der Mariä-Entschlafungs-Kathedrale im Kreml erbaut.

In der Nähe des Nowodewitschi-Klosters ist entlang der Westmauer neben einem großen und einem kleinen Teich ein Park angelegt. Die vom Altarm der Moskwa gebildeten Teiche sind von einer Allee umgeben und durch eine weiße Steinbrücke verbunden, in der Nähe befindet sich ein öffentlicher Garten.

Im Jahr 2004 wurde das architektonische Ensemble des Nowodewitschi-Klosters als einzigartig erhaltenes Beispiel des Moskauer Barocks in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.

Das Kloster aktuell

Das Kloster aktuell

Im Herbst 1994 wurde das Klosterleben im Nowodewitschi-Kloster wieder aufgenommen. Im Januar 2011 wurde der gesamte Gebäudekomplex des Nowodewitschi-Klosters auf Anordnung der Regierung der Russischen Föderation der unentgeltlichen und dauerhaften Nutzung der Moskauer Diözese der Russisch-Orthodoxen Kirche übergeben.

Derzeit leben und arbeiten 30 Schwestern im Kloster. Ihr Leben ist voller Gebet und Arbeit. Die Schwestern nehmen täglich an den Gottesdiensten teil, backen Prosphoren und Brot, arbeiten in der Kirche und im Refektorium, führen Exkursionen und leisten ihren Gehorsamsdienst auf dem Klosterhof. Im Kloster wird traditionelles Klosterhandwerk wiederbelebt, es gibt verschiedene Werkstätten: Ikonenmalerei, Schneiderei und Goldstickerei.

Das alte Kloster ist eine der meistbesuchten Touristenattraktionen in Moskau. Es gibt auf dem Gelände ein Kirchenmuseum. Das Klostergelände, der Park, die Teiche vom Jungfrauenrain sind ein beliebte Erholungsstätten für die Einwohner Moskaus und die Gäste der russischen Hauptstadt.

In Vorbereitung auf das 500-jährigen Jubiläum, das 2024 gefeiert wird, laufen im Kloster Restaurierungsarbeiten, um den Klosterkomplex in ganzer Schönheit präsentieren zu können.

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