Predigt am 7. Sonntag nach Pfingsten

22. July 2023

Predigt am 7. Sonntag nach Pfingsten

Zweiunddreißigste Homilie. Kap IX, V.27 - V.35

"Und als Christus weiterging, folgten ihm zwei Blinde, die schrieen und riefen: Erbarme Dich unser, Sohn Davids. Und als er in seine Wohnung eingetreten war, kamen die Blinden zu ihm, und Jesus sprach zu ihnen: Glaubt ihr, dass ich die Macht habe, dies zu tun? Sie antworteten: Ja, Herr. Da berührte er ihre Augen und sprach: Es geschehe euch nach eurem Glauben.Und ihre Augen wurden geöffnet."

Hl. Johannes Chrysostomos

Warum hielt denn der Herr die schreienden Blinden so lange hin? Weil er uns auch hier wieder die Lehre geben wollte, nicht das Lob und die Bewunderung der großen Menge zu suchen. Da gerade seine Wohnung in der Nähe war, so führte er sie dorthin, um sie im Verborgenen zu heilen. Das geht auch daraus klar hervor, dass er befahl, niemand etwas zu sagen. Darin liegt aber kein geringer Vorwurf gegen die Juden, dass diese beiden, die da blind waren, vom bloßen Hören den Glauben annahmen, während jene, die des Herrn Wunder schauten und deren Augen Zeugen für das Geschehene waren, gerade das Gegenteil taten. Beachte aber auch, wie groß der Blinden Ungestüm ist. Davon zeugt sowohl ihr lautes Schreien als auch ihre Bitte selbst. Sie kamen nicht bloß einfach hin zum Herrn, sondern kamen unter großem Schreien, und ohne etwas anderes zu rufen als nur immer: Erbarmen! Sohn Davids nannten sie ihn aber, weil sie dies für einen Ehrennamen hielten. So haben auch die Propheten gar oft die Könige, die sie ehren und auszeichnen wollten, mit diesem Namen genannt. Und nachdem er sie in sein Haus geführt hatte, legte er ihnen eine zweite Frage vor. Gewöhnlich trachtete der Herr, erst dann zu heilen, wenn er darum gebeten worden war, damit keiner glaube, er wirke nur deshalb so eifrig Wunder, um sich damit Ruhm und Ehre zu verschaffen. Außerdem wollte er zeigen, dass jene der Heilung auch würdig seien und wollte zugleich verhindern, dass jemand sagte: Wenn er nur aus Mitleid half, so hätte er allen helfen sollen. Denn auch sein Mitleid war im gewissen Sinne veranlasst durch den Glauben derer, die er heilte. Aber nicht bloß deshalb verlangte er Glaube von ihnen; da sie ihn Sohn Davids genannt hatten, so wollte er sie zu noch Höherem führen und sie alles lehren, was sie von ihm glauben sollten. Deshalb fragte er: "Glaubt ihr, dass ich die Macht habe, dies zu tun?" Er sagte nicht: Glaubt ihr, dass ich meinen Vater anrufen kann, dass ich bitten kann, sondern: dass ich die Macht habe, dies zu tun".

Christus heilt Blinde

Was antworteten nun die beiden? "Ja, Herr." Sie nennen ihn nicht bloß Sohn Davids, sondern schwingen sich schon zu höherer Einsicht auf und bekennen ihn als Herrn. Da endlich streckt auch er die Hand aus und spricht: "Es geschehe euch nach eurem Glauben." Das tut er, um ihren Glauben zu stärken, und zu zeigen, dass auch sie einen Anteil hatten an dem Wunder, sowie um sie zu überzeugen, dass diese Worte keine Schmeichelei enthielten. Er sagte nicht: Es sollen euch die Augen geöffnet werden, sondern: "Es geschehe euch nach eurem Glauben." Das sagte er später vielen von denen, die zu ihm kamen, weil er eben darauf bedacht war, vor der Heilung des Leibes den Glauben in der Seele aufzurichten, damit sie nachher selber eifriger wären und damit auch der Eifer der anderen wachse. So machte er es auch bei den Gichtbrüchigen. Bevor er dem Leib die Kraft zurückgab, richtete er die darniederliegende Seele wieder auf und sprach: "Habe Mut, mein Sohn, deine Sünden sollen dir nachgelassen sein" Auch das Mädchen, das er auferweckte, fasste er an, und gab ihr durch die Speise, die sie nehmen musste, zu erkennen, S. d452wie er ihr Wohltäter sei. Ebenso verfuhr er mit dem Hauptmann, bei dem er ebenfalls alles seinem Glauben zuschrieb. Und als er seine Jünger aus dem Seesturm errettete, da befreite er sie zuerst von ihrem Kleinglauben. So machte er es also auch hier bei den zwei Blinden. Er kannte zwar ihre verborgene Gesinnung schon, bevor sie zu rufen anfingen. Um aber auch den anderen denselben Eifer mitzuteilen, machte er sie auch auf die beiden aufmerksam, und offenbarte deren verborgenen Glauben durch ihre endliche Heilung. Nachdem er sie aber geheilt, befiehlt er, niemanden etwas davon zu sagen. Ja, er befiehlt es nicht bloß, sondern schärft es ihnen mit großem Nachdruck ein. Denn "Jesus fuhr sie heftig an und sagte: Seht wohl zu, dass keiner es erfahre."

"Die aber gingen weg und verbreiteten seinen Ruf in der ganzen Gegend."

Die beiden brachten es nicht fertig, zu schweigen; sie wurden zu Herolden und Evangelisten, und obgleich sie geheißen worden, das Geschehene zu verheimlichen, konnten sie es doch nicht für sich behalten. Wenn wir aber anderswo finden, dass der Herr sagte: "Gehe hin und verkünde den Ruhm Gottes", so steht das nicht im Widerspruch mit dem anderen, sondern passt sogar ganz gut dazu. Der Herr will uns eben damit die Lehre geben, dass wir nicht bloß nie von uns selber reden, sondern sogar diejenigen hindern sollen, die uns loben wollen. Wenn aber die Ehre auf Gott zurückfällt, dann sollen wir den Leuten nicht nur kein Hindernis in den Weg legen, sondern ihnen sogar befehlen, dies zu tun.

"Als sie aber hinausgingen, siehe, da brachten sie einen Menschen, der stumm war und vom Teufel besessen."

Er war nämlich nicht von Natur aus stumm, sondern durch Einwirkung des Teufels. Deshalb musste er sich auch von andern führen lassen. Selbst konnte er ja seine Bitte nicht vortragen, da er stumm war, und konnte auch die anderen nicht darum anflehen, weil der Dämon seine Zunge gefesselt und mit der Zunge auch die Seele gefangen hielt. Deshalb verlangte auch der Herr den Glauben nicht von ihm, sondern heilte ihn sofort von der Krankheit.

"Denn", heißt es, "nachdem der Teufel ausgetrieben war, redete der Stumme. Die Leute aber wunderten sich und sagten: So etwas hat man noch nie gesehen in Israel."

Dies ärgerte die Pharisäer gewaltig, dass die Leute den Herrn für größer hielten, als alle anderen, nicht bloß von denen, die damals lebten, sondern von allen, die jemals auf der Welt waren. Die Leute hielten ihn aber für größer, nicht weil er Krankheiten heilte, sondern weil er sie mit solcher Leichtigkeit und Schnelligkeit heilte, und zwar unzählig viele und sogar Unheilbare. So also redete das Volk.

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