Das Fest der Begegnung unseres Herrn JESUS CHRISTUS ist eines der zwölf unbeweglichen Hochfeste, das am vierzigsten Tag nach Weihnachten, dem 2/15. Februar, gefeiert wird. Im Westen ist dieses Fest besser bekannt als die “purificatio BMV (Reinigung der Seligen Jungfrau Maria)”oder die Darstellung Jesu im Tempel. Das slawische Wort „sretenije“, die Übersetzung des griechischen Wortes “Hypopante (υποπάντες)”bedeutet „Begegnung“. Dieses Ereignis im Evangelium markiert die Begegnung zwischen dem Alten und dem Neuen Testament. Wie die meisten Feiertage palästinensischen Ursprungs geht auch das Fest der Begegnung des Herrn auf die Frühzeit des Christentums zurück. Bereits Etheria, die als Pilgerin ins Heilige Land kam und später darüber berichtete, bezeugte die feierlichen Prozessionen, mit denen das Fest Ende des vierten Jahrhunderts in Jerusalem begangen wurde. In Konstantinopel wurde das Fest im sechsten Jahrhundert unter Justinian eingeführt. Von hier aus gelangte es im siebten Jahrhundert nach Rom. Der um 450 in Jerusalem eingeführte Brauch, während der heiligen Liturgie brennende Kerzen mit sich zu führen, hat sich im Westen bis heute erhalten, daher der westliche Name des Festes - „Lichtmess“.
Nach dem Bericht des Evangelisten Lukas fand diese wichtige Begegnung im Tempel in Jerusalem statt. Als vierzig Tage nach der Geburt Jesu vergangen waren, gingen Maria und Josef in die Heilige Stadt. Nach dem alttestamentlichen Gesetz wurden ein Weiheritus für das Kind (Jesus war der Erstgeborene und musste ausgelöst werden) und der Reinigungsritus für die Mutter durchgeführt. Während die Gottesmutter mit dem Kind auf dem Arm im Tempel stand, näherte sich ihr ein alter Mann namens Simeon, der für seine Weisheit und Rechtschaffenheit bekannt war. Er gehörte zu denen, die fest an das baldige Kommen des Messias glaubten. Ihm war vorausgesagt worden, dass er den Retter der Welt noch zu seinen Lebzeiten sehen würde. Und nun wies der Geist Gottes ihn auf ein paar arme Galiläer hin. Simeon nahm das Kind in seine Arme und pries Gott: „Nun entlässt du, Herr, deinen Knecht nach deinem Wort in Frieden, denn meine Augen haben dein Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast, ein Licht zur Erleuchtung der Heiden und Herrlichkeit für dein Volk Israel“ (Lk 2,29-32). Danach fügte der Prophet, der den Kampf voraussah, der um den Namen Jesus entbrennen wird,folgendes hinzu, indem er die Gottesmutter segnete: “Dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird. Dadurch sollen die Gedanken vieler Menschen offenbar werden. Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen.” (Lk. 2, 34f.)
Mit diesen Worten ist der ganze Kreuzweg der Allreinen Jungfrau vorweggenommen: von Bethlehem bis Golgatha. Schon in den ersten Lebensjahren des Sohnes musste sie um ihn zittern. Die erschreckende Nachricht von der bevorstehenden Kindstötung, die überstürzte Flucht, die mühsame Reise in ein fremdes Land, das Leben fern der Heimat - das ist der Prolog der Geschichte des Evangeliums. Aber nie hat die Heilige Jungfrau ein Wort des Murrens oder der Klage geäußert. Es ist kein Zufall, dass das Fest der Begegnung des Herrn in der kirchlichen Tradition nicht nur als ein Fest zu Ehren Christi, sondern auch als ein Fest der Mutter Gottes gilt. Er erinnert uns an die irdische Mühsal und an das Leiden der Gottesmutter.
Die Ikonographie des Hochfestes entstand schließlich in der Zeit vom neunten bis zum zehnten Jahrhundert und ist seither fast unverändert geblieben. Manchmal sehen wir das Christuskind in den Armen der Mutter, die es dem heiligen Simeon übergibt, häufiger aber hält Simeon selbst den Heiland in seinen Armen. Das Jesuskind wird in der Regel nicht in Windeln dargestellt, sondern mit einem kurzen Hemd bekleidet, das seine nackten Beine nicht bedeckt. Auf den ausgestreckten Armen Simeons sitzend, segnet es ihn, wie es auf der Ikone des Festes dargestellt ist. Dies ist der ikonografische Typos des Christus Immanuel.
Auf zahlreichen Nowgoroder Ikonen des 15. und 16. Jahrhunderts ist die Begegnung vor dem Thron dargestellt, über dem sich das Kivorium (Schatten) erhebt. Auf dem Thron ist manchmal ein Kreuz, ein Buch oder eine Schriftrolle abgebildet. Auf der linken Seite des Throns steht die Mutter Gottes, auf der rechten Seite der rechtschaffene Simeon. Der heilige Prophet beugt sich nach vorne und hält das Kind in beiden Händen, die mit der Risa als Zeichen der Verehrung bedeckt sind. Die Gottesmutter wird vom heiligen Josef begleitet, der in den Falten seines Mantels das Opfer der armen Eltern trägt: zwei Turteltauben (Lev. 12, 8). Diese Vögel gelten als Symbole für die Kirche Israels und die Kirche der Heiden sowie als Symbole für die beiden Bünde, deren einziges Haupt Christus ist. Die heilige Prophetin Anna, „die Tochter des Phanuel ... eine vierundachtzigjährige Witwe“ (Lk 2,36), steht hinter Simeon im Hintergrund, wie der gerechte Josef. Leicht abgewandt erhebt sie ihr mit einem Tuch bedecktes Haupt; ihr Gesicht spiegelt die prophetische Inspiration wider.
Die Person des heiligen Simeon, des Gottesträgers, hat eine besondere Bedeutung. Seine Prophezeiung, eines der drei „Lieder des Neuen Testaments“, wird während des gesamten Jahres bei jedem Vespergottesdienst gesungen.
Die liturgische Texte verherrlichen den gerechten Simeon als den größten Propheten. Mehr noch als Mose ist Simeon würdig, den Titel eines Gottessehers zu tragen. Denn dem Mose erschien der Herr in Dunkelheit gehüllt, während Simeon in seinen Armen „die Erstlingsfrucht des fleischgewordenen Wortes des Vaters trug und mit seiner Zunge das Licht, das Kreuz und die Auferstehung offenbarte“ (Stichire aus der Vesper). Das Kreuz in dieser Strophe verweist auf die „Waffe, die die Seele Mariens durchdringen wird“. Das Gebet „Nun entlässt Du, Herr“ bekommt eine neue Bedeutung. Der Prophet bittet den Herrn um die Erlaubnis, die frohe Botschaft der Menschwerdung in der Unterwelt zu verkünden: „Zu Adam, der in der Hölle wohnt, gehe ich, und Eva bringe ich die frohe Botschaft“ (Troparion des Kanons). Im Gottesdienst, wie auch im Evangelium, wird das Thema der Reinigung der Gottesmutter vergessen: Im Mittelpunkt des Festes steht die Begegnung mit dem Messias: die Begegnung des Alten und des Neuen Bundes.
Mit dem Fest der Begegnung endet der Weihnachtsfestkreis, der mit dem Erscheinen des Erlösers in der Welt verbunden ist, oder um mit den Worten von Hesychios, Presbyter von Jerusalem (+ 430) zu sprechen, „Heute (am Fest der Begegnung) kulminiert das ganze Geheimnis der Menschwerdung Christi. Das Christkind wird nun als Gott verkündet“.
Erfüllt von größter Demut, kommt in den Tempel in Gestalt eines schwachen Kindes „der König der Könige und Herr der Herren, Er kommt, um geschlachtet und den Gläubigen zur Speise gegeben zu werden“, „als ein mystisches und vollkommenes Opfer“, Er kommt, um „den Ratschluss des Höchsten, uralt und wahr“ über die Erlösung des Menschen zu erfüllen, der den Menschen durch die Allreine Jungfrau Maria am Tag ihrer strahlenden Verkündigung offenbart wurde. Alle sechs Feste des Weihnachtszyklus sind innerlich miteinander verbunden. Der wichtigste Gottesdienst an ihnen, wie an jedem kirchlichen Fest, ist die Göttliche Liturgie. Denn gerade die Beziehung des gefeierten Ereignisses zum Mysterium der Eucharistie, der Danksagung Gottes, stellt das verbindende Element aller Feste des Weihnachtszyklus dar.
Troparion, 1. Ton:
Sei gegrüßt, gnadenerfüllte Gottesmutter und Jungfrau * denn aus dir ging auf die Sonne der Gerechtigkeit: Christus, unser Gott, * um zu erleuchten alle, die da sind in Finsternis * frohlocke auch du, gerechter Greis * denn in deine Arme nimmst du unsern Befreier, ** der uns die Auferstehung schenkt.
Kondakion, 1. Ton:
Den Schoß der Jungfrau hast durch Deine Geburt Du geheiligt, * die Hände Simeons, wie es Dir zukam, gesegnet, * und nun uns vorauseilend errettet, * Christus, unser Gott: * wohlan schenk Frieden Deiner Gemeinde, * und stärke die Frommen, die Du liebst, ** einziger Menschenfreund.