Wenige Feiertage in der christlichen Kirche, in der religiösen Tradition, im religiösen Gedächtnis der christlichen Völker sind so freudig und licht wie das Fest der Verkündigung im Frühling. Und gleichzeitig scheint keines der im Evangelium beschriebenen Ereignisse bei den Ungläubigen, den Skeptikern, den Rationalisten so viel Misstrauen und Skepsis hervorzurufen wie dieses seltsame Ereignis. Dieser Engel, der vom Himmel zu der jungen Frau gesandt wird, diese seltsame Verheißung, dieses unverständliche Gespräch... Nein, selbst wenn der Skeptiker bereit ist, wie er sagt, dem Christentum irgendeine historische Grundlage zuzugestehen, wenn er bereit ist, nicht alles von Grund auf zu verneinen, so doch nicht hier, nicht bei diesem Kindermärchen. Und man schlussfolgert, dass all unsere Freude, all dieser Überschwang an Jubel: „Verkünde, o Erde, große Freude, besinge, o Himmel, die Herrlichkeit Gottes!“ - sozusagen umsonst sind, eine Legende, ein Mythos, oder noch schlimmer, eine Täuschung darstellen.
Aber wenn man durch die Museen aller Länder geht, sieht man an jeder Wand diesen azurblauen Himmel, das freudige und ehrfürchtige Gesicht des Engels, der der Jungfrau gegenübersteht, ihre Demut, ihre überirdische Schönheit. Betreten Sie die Kirche am Abend der Verkündigung und warten Sie auf den feierlichen Moment, wenn Sie aus der Stille den lieblichen Hymnus hören, auf den wir das ganze Jahr über gewartet haben: „Wir rufen mit der Stimme des Erzengels zu Dir, o Allreine: Freue Dich!“ Was ist das?
Eine Täuschung, eine Selbsttäuschung, die fast zweitausend Jahre andauert? Und wenn es eine Täuschung ist, wie können wir uns dann darüber freuen, und was hat es mit dieser besonderen Verkündigungsfreude auf sich?
Ja, natürlich, sind das kindliche Worte, ja, es ist eine Art Märchen: “Der Engel Gabriel wurde von Gott in eine Stadt in Galiläa gesandt, die Nazareth heißt, zu einer Jungfrau, die mit einem Mann namens Josef verlobt war, der aus dem Hause David stammte; und der Name der Jungfrau war Maria.” Und dann: “Freut euch!” (Lk 1,26-28), und diese Verheißung, und dieser Zweifel, und diese Hingabe... Und natürlich sind unsere üblichen Kategorien - was, wann, wo - auf diese geheimnisvolle Geschichte ebenso wenig anwendbar wie auf die feierliche Aussage der Bibel: “Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde” (Gen 1,1). Denn es handelt sich hier nicht um ein Ereignis im Sinne unseres Wortverständnisses, sondern um ein Ereignis geistiger Art, um eine Offenbarung an Seele und Herz. Auf dieser Ebene ist es eine Wahrheit, und zwar eine tiefere als alle unsere irdischen und begrenzten Wahrheiten; und der Beweis dafür ist diese Freude, die seit zweitausend Jahren pulsiert und in einen lichten Schwall des Lobes ausbricht: „Verkündige, o Erde, große Freude; besinge, o Himmel, die Herrlichkeit Gottes!“.
Schon das Sprichwort sagt, dass es keinen Rauch ohne Feuer gibt. Aber was soll das für ein Feuer sein, das brennt, leuchtet, wärmt und alles in unserer dunklen, kalten und so trivialen Welt besiegt? Die Verkündigung, die Frohe Botschaft ist eine Nachricht, die nie aufgehört hat, eine aktuelle Nachricht zu sein: neu, ungeheuerlich und schillernd. Denn die Nachrichten von gestern verrotten in den vergilbten Stapeln des Zeitungspapiers. Aber diese Nachricht von der Erlösung, von der Freude, von Gottes Kommen zu uns bleibt ewig neu. Und ewig zitternd bleibt diese demütige Annahme: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort“ (Lk 1,38). Und ewig neu bleibt diese Verbindung von Himmel und Erde, die Schönheit des Himmels und die Schönheit der Erde, die göttliche Stimme und die menschliche Annahme. Und all dies ist das Fest der Verkündigung.
Und in der Kirche sprechen wir an diesem Abend nicht über die Vergangenheit oder erinnern uns an das, woran wir uns nicht erinnern können. Es ist, als würde sich alles vor unseren Augen, auf dieser Erde, abspielen. Wir sind Zeugen und Teilnehmer nicht eines Ereignisses oder einer Tatsache, sondern der geheimnisvollen Tiefe dessen, was hinter allen Ereignissen und hinter allen Tatsachen liegt, jener Tiefe, die schließlich im Leben ihren letzten Sinn, ihr höheres Ziel, ihren inneren Wert findet.
Das Christentum beginnt mit der Frohen Botschaft, es beginnt damit, dass wir die himmlische Stimme hören. Und damit, dass wir diese Botschaft annehmen. Die Verkündigung ist wirklich und in ihrem vollen Umfang eine Feier der göttlichen Liebe und der menschlichen Freiheit. Eine Freiheit, die frei die Liebe annimmt. Deshalb heißt es: „Verkünde, o Erde, große Freude; besinge, o Himmel, die Herrlichkeit Gottes“. Bald werden wir uns wieder versammeln und diese Worte hören, wir werden hören: „Wir rufen mit der Stimme des Erzengels zu Dir, o Allreine: Freue Dich!“ Und was mit uns geschehen wird, ist das Wunder der Berührung des Überirdischen, einer solchen Reinheit, einer solchen Liebe, eines solchen Gehorsams, wie wir sie in dieser Welt und in unseren sündigen Beziehungen nicht kennen. All das wird uns als himmlisches Geschenk erneut dargereicht, und dieses Geschenk zu empfangen, diese Stimme zu hören und sie anzunehmen, ist das Wesen des Festes, das Wesen des Glaubens, das Wesen des christlichen Lebens.