Seit vielen Jahren führt Vater Andrej Lemeschonok Gesprächsabende mit Gemeindemitgliedern durch, bei denen er ihre Fragen beantwortet. Vor einigen Jahren erschienen die Fragen und Antworten in Buchform in russischer Sprache. Auf unserer neuen Webseite haben Sie nun Gelegenheit, einige dieser Fragen und Antworten auf deutsch zu lesen. Außerdem laden wir Sie ein sich daran zu beteiligen. Sie können uns Ihre Fragen gern per E-Mail schicken oder sie interessierende Themen aus den vorhandenen Rubriken auswählen. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften!

Stellen Sie dem Priester Ihre Frage

ANTWORTEN DER PRIESTER NACH THEMEN SORTIERT

Frage

Vergibt Gott einem reumütigen Menschen jede Sünde?

Antwort
Wir dürfen Gott nicht durch unsere Sünden eingrenzen. Manchmal hat der Mensch kein Vertrauen darin, dass Gott ihm vergibt. Und das ist die Sünde des Menschen, denn Gott ist die Liebe. Alles liegt in der Buße, Umkehr. Manchmal bereut der Mensch nicht. Er stellt einfach seine Sünde fest, nennt sie beim Namen, aber selbst bei der Beichte heißt das nicht, dass der Mensch Buße tut. Die Sünden wie aus dem Lehrbuch, vom Spickzettel aufzusagen, das ist ganz und gar nicht das, was Gott sagt: „Herr, verzeih mir“. Sogar die Aussprache verändert den Sinn unserer Worte. Wir können zu einem Menschen, „Hallo“ sagen und weitereilen. Aber man kann „Guten Tag“ sagen, und in diesem „Guten Tag“ wird soviel Liebe sein, dass der Mensch davon eine ganze Woche leben kann. Deshalb, wenn man sich an Gott wendet, muss man auch irgendein Wort finden, damit uns der Herr vergibt. Er möchte uns vergeben, aber der Mensch beginnt irgendwelche Punkte aus den Büchern herunter zu rattern. Einerseits sind die Bücher vielleicht gut. Aber manchmal entsteht bei dem Einen oder Anderen nach dem Lesen dieser Bücher eher Verwirrung. Deshalb sollte man eine persönliche Beziehung aufbauen, ein persönliches Gespräch mit Gott führen. Trotzdem kann der Mensch nicht die ganze Zeit wie ein Papagei die Floskel wiederholen: „alle Sünden, die ich in Taten, Worten, Gedanken und allen meinen Gefühlen, willentlich oder unwillentlich, absichtlich oder unabsichtlich, bewusst oder unbewusst begangen habe“. Manchmal lernt der Mensch das auswendig, und ich sage dann: «Sie artikulieren sich im wahren Leben nicht in einer solchen Sprache, warum verwenden Sie diese kirchenslawischen Wendungen? Sagen Sie einfach“ Herr, verzeih mir, ich bin ein solches Miststück“, und das ist viel besser, als alle diese auswendig gelernten Formulierungen. Wer braucht so etwas?» Aber der Mensch kann über sich nicht „Miststück“ sagen, das fällt uns schwer. Ich habe zu einer Frau gesagt: „Hören Sie, Sie sind eine Hure“, wissen Sie, das gab einen Aufruhr. Der Mensch tut für diese Sünde Buße, aber wenn ich es sage, dann ist man sofort empört: „Warum beleidigen Sie mich?“ Das war´s mit der Liebe. Sagst Du etwas, dann erwächst bei demjenigen eher eine Sünde anstatt der Buße, er fängt an, sich zu rechtfertigen und sagt: „Sie haben Unrecht, so bin ich nicht…“

Frage

Was kann man tun, wenn das Kind aus erster Ehe den zweiten Mann der Mutter nicht annimmt? Zwischen ihnen herrscht ein beständiger Konflikt.

Antwort
Ich denke, dass dieser Konflikt mit Eifersucht verbunden ist. Kinder, besonders wenn es keine Väter gibt, sind sehr eifersüchtig auf jenen Onkel, den die Mutter gerade liebt, mit dem sie viel Zeit verbringt. Das Kind denkt, dass sie diesen Menschen mehr liebt, als ihn selbst, und daraus entstehen sehr schwere Konflikte. Dabei ist wichtig, dass Ihr Mann versteht, was da vor sich geht, damit er nicht auf einem Niveau mit diesem Kind steht, in Konflikt gerät, sondern einfach geduldig, demütig überzeugen und alles, was möglich ist, zu tun, damit das Kind merkt, dass man nicht nur die Mutter, sondern auch den Vater braucht. Der Kampf um die Familie ist das Ziel unseres Lebens. Als die Ehe geschlossen wurde, gab es wahrscheinlich schon das Streben, in Freundschaft zu leben. Aber das ist schwer, denn in Wirklichkeit ist es Eifersucht. Und der Mann kann auch eifersüchtig sein, kann sagen: „Du schenkst mir keine Aufmerksamkeit, aber dein Kind packst du in Watte!“ Hier muss man ein Höchstmaß an Liebe aufbringen, man muss die ganze Zeit sensibilisiert sein, die ganze Zeit im Herzen die Demut bewahren, um geduldig zu bleiben, zu schweigen, nicht mit einem unvorsichtigen Wort zu antworten, das verletzen kann. Sie selbst haben dieses Kreuz auf sich genommen.

Frage

Wenn die Zeit überhaupt nicht reicht, wäre es dann nicht vernünftig besser ein Gebet mit Achtsamkeit, vor der Ikone stehend, zu lesen, als die ganze Regel unachtsam zu beten, während man sich auf dem Weg befindet?

Antwort
Sie meinen wahrscheinlich im öffentlichen Verkehr. Man muss sich angewöhnen, zu jeder Zeit, zu jeder Stunde zu beten. Wenn Sie keine Zeit haben, wenn Sie verschlafen haben oder keine Kraft hatten, eher aufzustehen, dann lesen Sie vor der Ikone einige Gebete und gehen zur Arbeit, aber in den Verkehrsmitteln beten Sie weiter. Aber wenn wir unseren Verstand müßig lassen, dann kehren in ihn irgendwelche Gedanken, Erinnerungen ein, und wir kommen zur Arbeit, schon ohne jene Hilfe, die wir im Gebet aufnehmen sollten. Deshalb, so glaube ich, muss man lernen sich zu konzentrieren, und wenn man sich im Umgang mit den Menschen befindet, mit Gott vereint zu sein. Das ist eine sehr gute Erfahrung, die für den Menschen notwendig ist: äußerlich befindet man sich unter den Menschen, aber innerlich steht man vor Gott stehen und betet im Geist. Natürlich ist es sehr gut, wie der Zöllner zu beten: Gott sei mir Sünder gnädig (Lk 18,13). Aber wir können auch entscheiden, dass dieses eine Gebet, das wir gelesen haben, ausreichend ist. Trotzdem müssen wir uns anstrengen. Der Apostel Paulus sagt: Betet ohne Unterlass (1 Thess 5,12), das heißt, unablässig an Gott zu denken, immer vor Christus zu stehen, immer in der Gnade zu stehen, im Heiligen Geist. Aber der Heilige Geist, das ist der Herr Selbst, der in uns ist.

Frage

Wird uns Gott für unsere gebeichteten Sünden nach unserem Tod richten?

Antwort
Wir können Gott nicht vorschreiben, wie er richten muss. Ich denke, dass Gott uns liebt und Er möchte uns vergeben. Aber noch einmal, wenn ich auf jemanden böse bin, dann werde ich nicht ins Himmelreich kommen. Wenn ich bedrückt, misstrauisch, neidisch bin, wird das Himmelreich für mich zur Qual. Denn für viele Leute ist das Stehen in der Kirche schon eine Pein. Weihrauch, Qualm, der uns schwindlig macht, ein unverständlicher Gesang, eine ungewohnte Atmosphäre – dies alles scheint den Menschen aus der Kirche zu vertreiben. Aber stellen Sie sich vor, man steht vor Gott! Sogar Heilige fielen vor dem Licht Gottes nieder. Die Baptisten sagen “Christus ist mein Freund“ und schon denkt man, dass man Gott einfach umarmen und mit Ihm befreundet sein kann. Aber das ist eine unbekümmerte Beziehung. Denn wir sind trotz allem Sünder, und Gott ist Licht, Reinheit, Demut. Wenn wir Christus gesehen hätten, wie der Starez Siluan*, wie der Heilige Serafim von Sarow**, hätte sich unser Leben wahrscheinlich sofort verändert; wir hätten in Ihm die Liebe erkannt, und uns würde angst und bange wegen unserer sündigen Verfassung. Unser ganzes Leben würde zur Buße werden. Aber die Buße ist eine beständige Anstrengung der Seele.
* Der Heilige Siluan vom Berge Athos (mit weltlichem Namen: Semjon Iwanowitsch Antonow, 1866 – 1938), athonitischer Schimonach und Starez
** Der Heilige Serafim von Sarow (mit weltlichem Namen: Prochor Isidorowitsch Moschnin, 1754[59] – 1833), Mönch, großer Asket und Mann des Gebetes; einer der am meisten verehrten Heiligen der Russischen Orthodoxen Kirche)

Frage

Mein Sohn verfiel einer anarchistischen Organisation. Er geht zu Versammlungen, bringt Literatur mit. Ich bete für ihn. Aber derzeit dauert das alles an. Was kann ich noch tun?

Antwort
Man sollte versuchen, sich klarzumachen, was das für eine Organisation ist, was das überhaupt ist: „Anarchismus“ und wo er hinführt. Man muss studieren, was dort verbreitet wird, damit ihr Sohn sieht, dass Sie sich für sein Leben interessieren. es ist sehr wichtig, dass Sie nichts sagen, was ihn einfach abstößt, wodurch Ihre Beziehung zum Sohn verloren ginge. Das ist sehr wichtig, denn oft hören die Kinder von den Eltern: „Hör mal, mit was für einem Unsinn beschäftigst du dich, lass das!“ Natürlich suchen sich die Kinder dann andere Ratgeber, suchen Leute, die sie verstehen. So denken vielleicht auch Sie: „ Ich gehe in die Kirche, bin ein gläubiger Mensch, und plötzlich sind da irgendwelche Anarchisten…“ Aber für den Sohn ist das natürlich wichtig. Er hat darin einen Sinn gefunden, er ist nicht einfach so in die Organisation gekommen. Man muss ihm helfen, ihn überzeugen, dass das Leben, das diese Leute ihm anbieten und die Ideen, die sie versuchen zu suggerieren, abwegig sind. Aber darum muss man sich bemühen.

Frage

Mein Vater leidet unter Alkoholabhängigkeit (Weinabusus). Ich lese den Akafist zur Muttergottesikone „Der Unerschöpfliche Kelch“, aber dabei kann ich mich nicht auf die Worte des Gebetes konzentrieren. Wenn ich das Evangelium oder den Psalter lese, bemerke ich eine solche Zerstreutheit der Seele nicht. Könnte ich an Stelle des Akafist auch das Evangeliums oder den Psalter lesen?

Antwort
Wir schauen auf das, was uns mehr Aufmerksamkeit und Konzentration gibt. Wenn Sie spüren, dass das Evangelium und der Psalter Ihnen mehr entspricht, dann lesen Sie das Evangelium und den Psalter. Manchmal ist der Mensch an etwas gewöhnt, ermüdet an diesen oder jenen Gebeten. Suchen Sie, es gibt viel geistliche Nahrung. Es ist wichtig, dass Aufmerksamkeit da ist, damit das Wort, das wir lesen, sowohl Verstand als auch Herz berühren. Aber dafür benötigt man innere Sammlung.

Frage

Was ist das Gethsemane – Gebet?

Antwort
Das Gethsemane – Gebet ist das Gebet des Heilandes vor seinem Kreuzesleiden: Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.(Lk 22,42) Er wandte sich an den Himmlischen Vater und bat auf menschliche Weise, damit diese Leiden an ihm vorbeigehen, damit diese Qualen aufhören, denn sein makelloser Leib wollte nicht leiden und sterben. Aber als gehorsamer Sohn Seines Himmlischen Vaters sagte Jesus: Nicht mein, sondern dein Wille geschehe! Das Gethsemane – Gebet ist unser aller Leben, wenn wir nach unserem Willen handeln wollen, aber dann sagen: „Herr, nicht mein, sondern dein Wille“. Natürlich ist das nicht der Garten von Gethsemane in Jerusalem, wo der Herr darum betete, um für die Sünden der ganzen Welt zu leiden, aber trotzdem ist das unser kleiner Garten Gethsemane. Wir leiden wegen unserer Sünden, aber wenn wir das freiwillig tun, wie der verständige Schächer, dann können wir von Gott hören:„Noch heute wirst Du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,43). Aber wenn der Mensch beginnt zu murren: „Wofür? Warum? Und warum leiden nicht die anderen? Weshalb muss ich mehr als die anderen leiden?“, dann beginnt er auszurasten, es verdüstert sich sein Gemüt, er erzürnt. Das Gethsemane – Gebet ist die Annahme des göttlichen Willens unsere Errettung betreffend, das ist die Dankbarkeit für alles, was wir von Gott erhalten haben, ungeachtet dessen, dass die Sünde uns dabei stört.

Frage

Kann man auch bei einem anderen Priester beichten oder den Segen holen außer bei seinem Beichtvater?

Antwort
Ja, natürlich. Sie kommen zu Gott. Sie müssen beichten – dann beichten Sie bei irgendeinem Priester. Aber mit dem Beichtvater – das ist eine Offenbarung der Gedanken, das ist ein Austausch, in dem Sie einen Rat suchen, das sind geistliche Beziehungen und eine menschliche Verbindung. Zum Beichten kommen wir zu Gott, und im Sakrament erhalten wir die Absolution mittels eines Zeugen, mittels eines beliebigen Priesters (es ist unwichtig, ob jung oder alt). Aber wenn man in Einzelheiten eindringen und um Rat fragen will, muss man sich an den Beichtvater wenden.

Frage

In welchen Fällen muss man um den Segen bitten, und bei wem kann man den Segen erbitten, wenn kein Beichtvater da ist?

Antwort
Erstens, man muss für sich entscheiden, ob ich diesen Segen erfüllen will. Wenn Sie dabei unsicher sind, ist es besser zunächst für sich zu beten, denn wir bitten um den Segen und dann vergessen wir alles wieder. Wenn Sie den Wunsch haben und Sie spüren, das die Hilfe Gottes notwendig ist (denn der Segen ist als Unterstützung gedacht), dann erbitten Sie ihn bei dem Geistlichen, dem Sie vertrauen, bei dem Sie um das Gebet bitten.

Frage

Wie kann ich ein Kind zu Gehorsam und Respekt gegenüber den Eltern erziehen, wenn die Eltern leider selbst kein gutes Beispiel abgeben?

Antwort
Ich denke, dass das Beispiel in der Erziehung das Wichtigste ist. Wie die Eltern in der Familie leben, genauso wird auch das Kind leben. Denn es übernimmt alles. Man benötigt gerade Ihr eigenes Beispiel. Man kann das Kind zwingen, mit Vorwürfen traktieren, die ganze Zeit schimpfen, aber es versteht sehr gut, dass die Eltern selbst nicht tun, wovon sie sprechen. Und deshalb werden die Worte der Eltern zu gewöhnlichen Standpauken, unangenehmem Ärger, den man einfach verwinden und vergessen muss. Man muss sich unbedingt das Vertrauen des Kindes verdienen, damit es ihm peinlich wird, damit es versteht: die Eltern lieben mich wirklich und sprechen mit ihm nicht nur deswegen, weil es sich so gehört und sie älter sind, sondern die Eltern seine Freunde sind und sein Bestes wollen. Man muss sich mit dem Kind unterhalten, ihm Zeit schenken. Es ist sehr schlecht, dass wir keine Zeit mehr für das Wichtigste haben, die Erziehung der Kinder. Wir laufen, wir verdienen Geld, aber dieses Geld nützt uns nichts. Wir bemühen uns, dem Kind Sprachen und Musik zu lehren, fahren es zu Kreisen, wir powern sie aus. Aber das Wichtigste ist, dass wir lernen, ein Kind zu lieben. Aber lieben können wir es dann, wenn wir ihm trotz allem unsere Zeit schenken, ihm unsere Kraft geben, wenn wir tatsächlich versuchen, uns kreativ gegenüber der Persönlichkeit des Kindes zu verhalten, und es nicht einfach als Anhängsel empfinden, dass uns überall hin begleitet. Deshalb ist die Frage über das Kind, über sein Leben vor allem eine Frage über unser eigenes Leben. Wie leben wir? In welchem Zustand befinden wir uns? Könnten wir tatsächlich etwas mit dem Kind teilen? Gibt es in unserem Herzen wenigstens ein Tröpfchen Demut, Glaube, Liebe oder sagen wir einfach Worte, der Art nach orthodoxe, die aber zu keinem Ergebnis führen?

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