Seit vielen Jahren führt Vater Andrej Lemeschonok Gesprächsabende mit Gemeindemitgliedern durch, bei denen er ihre Fragen beantwortet. Vor einigen Jahren erschienen die Fragen und Antworten in Buchform in russischer Sprache. Auf unserer neuen Webseite haben Sie nun Gelegenheit, einige dieser Fragen und Antworten auf deutsch zu lesen. Außerdem laden wir Sie ein sich daran zu beteiligen. Sie können uns Ihre Fragen gern per E-Mail schicken oder sie interessierende Themen aus den vorhandenen Rubriken auswählen. Wir freuen uns auf Ihre Zuschriften!

Stellen Sie dem Priester Ihre Frage

ANTWORTEN DER PRIESTER NACH THEMEN SORTIERT

Frage

Muss man unbedingt einen geistlichen Vater haben?

Antwort
Sind wir heute dazu bereit, einen geistlichen Vater zu haben? Na ja, vielleicht, muss man fragen: Sind wir heute bereit, darauf zu hören, was für uns unangenehm werden kann? Sind wir bereit, dem geistlichen Vater mehr zu glauben als uns selbst, sind wir bereit, uns zu demütigen? ... Wahrscheinlich nicht. Aber natürlich benötigt der Mensch Hilfe. Und sie kommt durch den Menschen. Der Geistliche ist der Zeuge meiner Buße, meines Wortes, das ich an Gott richte. Und durch ihn kann ich etwas hören. Das alles sind vielschichtige, tiefe Beziehungen. Also wenn jemand sagt: „Werden Sie mein Beichtvater“. Gut, werde ich, und dann? Geistliche Beziehungen zum Priester werden natürlich unabhängig von bloßen Worten aufgebaut. Es ist immer ein innerer Dialog, eine innere Nähe, Verantwortung füreinander, die entsteht. Ich fuhr mehr als 20 Jahre zu Vater Nikolaj Gurjanow* und irgendwann fühlte ich, dass ich das, wonach ich fragte, nicht erfüllte. Ich sah, dass ich nicht fähig war, dass ich keine Kraft habe, dass ich nicht kämpfen kann und werde. Deshalb hörte ich auf, nach irgendwelchen Sachen zu fragen. Allerdings habe ich verstanden, dass vielleicht ein anderer Sinn in den Beziehungen zwischen den Leuten liegt, dass man Gott in einem anderen Menschen erkennt. Und ich habe um Gottes Hilfe gebeten, um das Wort anzunehmen, das ich für mich gehört habe. Ich habe niemals bei Vater Nikolaj gebeichtet. Aber für mein Leben bedeutet er mir bis zum heutigen Tag sehr viel. Wir fahren jedes Jahr zu seinem Grab. Einmal im Jahr unternehme ich eine geistliche Pilgerreise und dort feiere ich die Liturgie. Aber mehr brauche ich in diesem Moment nicht, um zu leben (ich will weder auf den Athos noch nach Jerusalem), denn bei der Liturgie sind wir außerhalb der Zeiten. Tatsächlich, alles, was möglich ist, hat sich erfüllt. Und auch an die zweite Ankunft Christi erinnert der Priester im Gebet, und sie ist schon unter uns.
* Erzpriester Nikolaj Gurjanow (Nikolaj Alexejewitsch Gurjanow; 1909 – 2002), der gottselige Starez lebte über 40 Jahre als Asket auf der Insel Salit (im Pskower See)

Frage

Kann man dem Väterchen bei der Beichte die Sünden nicht aussprechen, sondern für sich bereuen? Oder muss man sie unbedingt aussprechen? Ich kann mich nicht durchringen, es auszusprechen; mich erschreckt das!

Antwort

Das Wichtigste ist, den Kampf mit der Sünde zu beginnen. Wenn der Mensch seine Sünde nicht laut aussprechen kann, aber gegen sie kämpft und innerlich Reue empfindet, dann muss man bei der Beichte sagen: „Ich habe Sünden begangen, für die ich Buße tue. Aber derzeit habe ich keine Kraft, sie laut auszusprechen, aber ich bitte Gott um Vergebung.“ Das wird auch ein Schritt sein zum Sieg über die Sünde. Sie haben den Wunsch, aber einfach keine Kraft. Gott hilft, sogar diese Beklommenheit zu besiegen.

Man kann viel mit dem Mund aussprechen, aber das Herz bleibt kalt. Man muss diese Angst und diesen Zustand besiegen, wenn sich die Sünde versteckt. Die Sünde fürchtet das Licht, fürchtet sich davor, aufgedeckt, sichtbar zu werden. Hier wird der innere Kampf geführt. Der Geistliche sollte das verstehen und Ihnen helfen. Ich denke, dass Gott Ihnen ein solches Väterchen schickt. Die Beichte ist kein Verhör, und der Geistliche kein Ermittler, er ist einfach Zeuge der Buße.

Möge Gott Ihnen dabei helfen!

Frage

In der Kirche, in der ich früher gebeichtet habe, gab es immer eine lange Warteschlange. Ich spürte, dass mir die Zeit nicht reicht, um mich ganz zu öffnen. Ich würde gern mit dem Väterchen ohne Rücksicht auf die Wartenden sprechen. Ich möchte über vieles sprechen, bedächtig Buße tun. Sagen Sie, bitte, ob man auch außerhalb der (Gottesdienst-) Zeiten (z. B. abends) zur Beichte kommen kann, an wen kann ich mich wenden? Ich brauche dringend dieses Gespräch, diese Beichte. Dem Herrn sei Dank!

Antwort
Man kann zu jedem Geistlichen gehen und darum bitten. Wenn es für Sie wirklich notwendig ist. Bei uns im Kloster zieht sich die Beichte bis spät (in die Nacht), damit gibt es kein Problem. Natürlich, wenn man zur Beichte vor der Liturgie kommt, wenn die Zeit beschränkt ist und der Priester es schaffen muss, dass alle Leute beichten, die zur Kommunion gehen wollen, dann sagst du nicht viel. Aber Sie können das aufschreiben, was Sie sagen wollen. Jetzt beichtet man in vielen Kirchen am Abend. Es ist verständlich, dass Sie sich aussprechen wollen, dass Sie den Dialog mit dem Geistlichen suchen. Der Herr wird Ihnen diese Möglichkeit geben

Frage

Ich quäle mich wegen der Sünden meines bisherigen Lebens. Ich konnte in der Beichte darüber nicht erzählen. Es kann sein, dass alle diese Sünden durch die Krankensalbung verbrannt wurden, an der ich teilnahm, und ich muss jetzt nur das beichten, was in mir gerade vorgeht?

Antwort

Wenn irgendwelche Sünden im Gedächtnis geblieben sind und Sie werden davon gequält, dann, denke ich, muss man sie beichten. Können wir davon sprechen, dass sie alle verbrannt wurden? Aber wenn der Herr Ihnen etwas offenbart hat, damit Sie Buße taten und wir noch gar keine Buße getan haben? Ein Mensch kommt zur Beichte: er hat etwas gesagt, etwas gestammelt, das war´s. Aber nachdem einige Zeit vergangen ist, beginnt er plötzlich Gewissensbisse zu bekommen und seine Verantwortung zu fühlen für das, was er irgendwann einmal getan hat.

Es kann sein, dass Sie selbst das nicht verstehen, aber das, was Sie von Ihren früher begangenen Sünden quält, - das ist die Gnade Gottes in Ihnen.

Das Gefährlichste ist, wenn dem Menschen alles egal ist, wenn er um seine Sünde weiß, aber innerlich ist er ganz ruhig. Es ist furchtbar, wenn die Seele schläft. Wie kann man sie wecken? Aber Ihre Seele leidet und quält sich, das heißt, sie lebt wieder auf. Also danken Sie Gott und bemühen Sie sich weiter.

Wie sehr wir uns auch Mühe geben, wir werden die Buße hier auf Erden nicht zu Ende bringen. Der Hl. Altvater Sisoe* hat kurz vor seinem Tod gesagt, dass er noch nicht begonnen hat, Buße zu tun. Um so mehr wenn wir sagen, dass wir schon Buße getan haben, dass wir Heilige sind, - das wäre Betrug.

* Der Hl. Altvater Sisoe der Große (†429), Einsiedlermönch, 60 Jahre in der Ägyptischen Wüste in der Höhle des Hl. Antonius des Großen in Askese gelebt.

Frage

Ich weiß, dass in mir eine bestimmte Sünde wohnt, z. B. Empfindlichkeit, Reizbarkeit oder das Verurteilen. Muss man diese bei der Beichte nennen, wenn es keinen konkreten Fall gab, bei dem sie sichtbar wurde?

Antwort

Die Sünde, die nicht sichtbar wurde, aber die Seele beunruhigt und wie ein Stein, den Menschen niederdrückt, soll und muss man beichten.

Es ist sehr wichtig, wenn Du zur Beichte gehst, Gott einfach im Herzen zu sagen: „Herr, hilf, sag mir, worin ich Buße tun soll, laß mich meine Sünde erkennen.“ Dabei ist es wichtig, dass die Stimme des Sterbenden, wie die Stimme des im Meer untergehenden Apostels Petrus, an Gott gerichtet wird, damit wir glauben, dass Gott uns erhört, dass Er uns an die Hand nimmt und uns hochzieht.

Manchmal verstehen die Leute überhaupt nicht, was die Beichte ist, aber sie finden trotzdem zu Gott. Möglicherweise schließt das Tun Gottes auch ein, dass, wer seine Trägheit überwindet und trotz allem zur Kirche geht, sich versöhnt, bei der Beichte stand, seine Schuld bekennt…Der Mensch sieht überhaupt nichts, aber er weiß, dass er blind ist – und das ist auch Buße; und wir glauben, dass Gott sie annimmt.

Die Beichte ist ein ständiges Wachsen. Je stärker und realer dieses Wachstum im Leben ist, desto persönlicher wird die Buße, desto schonungsloser prangert der Mensch sich, sein „Ego“ an.

Die Erfahrung des direkten Gesprächs, des Dialogs mit Gott, die im Paradies unterbrochen wurde, ist sehr wichtig für uns alle, denn das ist die Erfahrung unserer Gotteserkenntnis, die Erfahrung der Liebe. Gott klopft an unser Herz und durch die Beichte spricht Er: Kehrt um, denn das Himmelreich ist nahe (Mt 4,17). Dieses Reich ist in uns (vgl.: Lk 17,21). Aber unser Herz ist verschlossen, und wir sollen es Gott öffnen.

Frage

In unserer Kirche am Vorabend großer Feiertage, wenn sich viele Menschen versammeln, vollzieht der Priester eine gemeinsame Beichte. Wenn ich die Sünden nicht laut nenne, sind sie mir dann trotzdem erlassen?

Antwort

Buße – das sind nicht nur Wörter, die wir aussprechen, sondern der Schmerz über die begangene Sünde, das Gefühl der Schuld Gott gegenüber. Der Herr ist der Herzenskenner, das heißt Er sieht und kennt das Herz des Menschen. Wenn es in ihrer Kirche keine Möglichkeit gibt, über die Sünde zu erzählen, weil eine gemeinsame Beichte durchgeführt wird, zweifeln Sie nicht daran, dass Gott Ihre Buße annimmt, die eine Gabe Gottes ist. Der Herr hört Sie, auch wenn Sie Ihre Sünde nicht laut aussprechen. Murren Sie nicht und auf keinen Fall verurteilen Sie den Geistlichen nicht, der eventuell wegen einer Unpässlichkeit, aus irgendeinem Grund Ihre ausführliche Beichte nicht anhören kann.

Wenn Sie spüren, dass die Sünde sich nicht abwendet und Sie müssen sie laut aussprechen, kann man für die Beichte in eine andere Kirche fahren.

Frage

Wie bereitet man sich richtig auf die Beichte vor? Ich bin sehr oft bei Ihnen im Kloster, aber ich fühle mich noch nicht dazu bereit zu beichten.

Antwort
Man kann sich unvorbereitet fühlen, aber glauben, dass man Gott braucht und dass ohne Gott zu leben unmöglich ist. Man muss gehen, in welcher Gemütslage oder Verfassung Sie sich auch befinden und für wie unwürdig Sie sich auch halten mögen. Die Liebe Gottes ergänzt und reinigt alles. Die Menschen verstehen nicht, was Reue, Umkehr bedeutet. Sie verstehen ihre Sünde nicht, sehen sie nicht, aber wenn sie von der Liebe Gottes berührt werden, dann werden ihre Augen geöffnet und der Wunsch, ohne Sünde zu leben, wird spürbar. Man muss klein beginnen. Man sollte aufmerksam gegenüber dem eigenen Leben sein. Erinnern Sie sich, wie Sie gelebt haben; bitten Sie darum, das Gott Ihnen Ihr Herz öffnet, damit Sie ihre Sünde erkennen, mit allen, die uns beleidigen, Frieden schließen und ihnen vergeben können. Wenn dazu die Kraft nicht reicht, dann muss man Gott darum bitten. Unter allen Umständen sollte man kommunizieren und weder Verzagtheit noch Kleinglauben aufkommen lassen.

Frage

Erklären Sie bitte, wie man richtig beichtet? Muss man konkrete Fälle aufzählen, wo ich gekränkt war, worüber ich verärgert war und so weiter, oder kann man mit einem Wort die Sünde benennen?

Antwort

Richtig beichten ist in Wahrheit nicht möglich. Jede unserer Beichten ist eine Bewegung vorwärts. Man macht einen Schritt und sagt sich: „Ich mache schon alles richtig“, aber morgen macht er noch zwei Schritte und das, was heute richtig ist, wird falsch.

Die Seele soll über ihre Nöte, ihre Sünden nicht dem Geistlichen, sondern Gott selbst berichten. Manchmal zählt jemand eine ganze Menge auf, aber seine Beichte kommt nicht aus der Seele, von Herzen. Ein anderes Mal sagt er zwei Worte, und in ihnen findet sich eine tiefe Reue. Es ist eigentlich unmöglich, genau zu erklären, wie man beichten soll. Man muss Gott suchen, Ihm sein Herz öffnen, menschliche Barrieren überwinden, die uns stören. Wir müssen verstehen, dass wir nicht in einer Kirche inmitten von Menschen stehen, nicht vor einem Geistlichen, nicht an irgendeinem Ort und zu irgendeiner Zeit – wir befinden uns schon in der Ewigkeit. In der Beichte kann der Mensch diese Ewigkeit wirklich anrühren.

Wenn sich der Mensch vor Gott befindet, wird er nicht daran denken, wie er am besten seine Beichte formuliert. Er sagt das, was aus der Seele herausfließen will. Damit so etwas passiert, muss man sich tausendmal den Kopf stoßen…Der Herr sprach: Klopft an und Euch wird geöffnet, sucht und ihr findet (vgl. Mt 7,7; Lk 11,9) Man muss anklopfen! ...

Gott kann sich dem Menschen in einem von ihm völlig unerwarteten Moment zuwenden. Gott sieht nicht auf unsere äußere Beichte, die nicht immer mit unserem reumütigen Zustand und Empfinden übereinstimmt, sondern die innere Herzenshaltung, ihren Schmerz über die Sünde.

Die Gnade Gottes ist das Kriterium, das der Mensch für jedes Sakrament benötigt, und wenn sich Gott dem Menschen öffnet, dann bringt dies auch ein Kind fertig.

Frage

Hallo, ich bin Christin in einer Baptistenkirche. Ich denke oft daran, zur orthodoxen Kirche zu konvertieren. Aber ich glaube, dass Gott die ganze Zeit bei mir ist, und ich kann es nicht leugnen. Ich verstehe nicht viel vom Protestantismus, und ich verstehe auch nicht viel von der Orthodoxie. Aber vieles, im Gegenteil, verstehe ich. Ich bin völlig verwirrt. Was kann ich tun?

Antwort
Ksenia, das muss man klären. Es ist notwendig, dass wir nicht umhertreiben, unser Leben nicht nach Intuition, nach unseren heutigen Gefühlen gestalten. Es ist selbstverständlich, dass Gott mit Ihnen ist. Oder denken Sie, dass Gott nicht mit den ungläubigen Menschen ist? Natürlich tut Er das. Es ist nur so, dass die Menschen Gott auf unterschiedliche Weise wahrnehmen und auf unterschiedliche Weise glauben. Atheismus ist auch der Glaube, dass es keinen Gott gibt, weil es unmöglich ist, Seine Existenz zu beweisen. Nun etwas über die Kirchen. Lesen Sie die Geschichte der Kirche und finden sie es heraus. Gehen Sie in eine orthodoxe Kirche, stellen Sie sich in den Gottesdienst, beten Sie. Ich denke, Sie sollten sich an den lebendigen Gott wenden, der mit Ihnen ist, der Sie liebt, und Ihn fragen, was Sie tun sollen. Wo findet man die Vollständigkeit der Gemeinschaft mit Gott, wo eine Tiefe in der Beziehung des Schöpfers zu seinem Geschöpf? Ehren Sie die heiligen Väter. Wenn also die Frage nach Leben und Tod wesentlich für Sie ist (denn es ist wirklich die wichtigste Frage in unserem Leben), dann, denke ich, werden Sie die richtige Lösung finden. Sie werden nicht verwirrt sein. Wer sucht, wer anklopft, dem wird es offenbart. Erfahren Sie mehr über die Geschichte des Protestantismus, als er auftauchte, warum er auftauchte. Ich werde Ihnen keine Lektion über die Entkirchlichung des menschlichen Bewusstseins lesen, wenn Menschen ihre irdischen Beziehungen auf ihre Beziehung zu Gott übertrugen. Und über die Art des Gebets. Lesen Sie, wie die Apostel Kirchen gründeten, wie die apostolische Nachfolge verlief, die bis heute in der Orthodoxie andauert. Wenn Ihnen dies alles wichtig ist, werden Sie wahrscheinlich das Richtige herausfinden und die richtige Entscheidung treffen. Gott helfe Ihnen dabei.

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Ich bin kein Roboter.