Ein gutes Ende

16. September 2021

Ein gutes Ende

In einer Predigt erinnerte Vater Walerij kürzlich an eine sehr eindrückliche Begebenheit:

Schwestern der Barmherzigkeit riefen ihn zu einem schwerkranken älteren Patienten, der den Wunsch geäußert hatte, vor seinem Tode doch noch die Kommunion empfangen zu wollen. Als der Batuschka am Bett des Kranken angekommen, die Frage stellte, ob er denn getauft sei, wurde dies verneint. Vater Walerij fragt also den Kranken, ob er die Taufe wünsche. Der alte Mann beginnt, sich zu winden wie ein Aal, und zwischen vielleicht, hm, ja doch oder besser nicht, hört Vater Walerij keine klare Antwort heraus. Schließlich sagt der alte Mann, dass er noch Zeit braucht, um darüber nachzudenken. Batuschka bringt einen sachten Einwand und versucht die Situation zu retten, in dem er zaghaft auf das Alter des Mannes verweist und die Umstände seines Krankenhausaufenthaltes. Die Zeit drängt. Zu guter Letzt wird die Entscheidung auf den nächsten Tag verschoben.

Vater Walerij packt die notwendigen Sachen zusammen und begibt sich am nächsten Tag wieder an das Krankenbett des alten Mannes. Leider sind die Schwestern der Barmherzigkeit dieser Abteilung heute nicht zugegen und so bittet er eine Schwester aus einer anderen Abteilung, ihm zu Hilfe zu kommen. Welch eine Überraschung erwartet sie, als sie das Zimmer betritt. Mit weit aufgerissenen Augen voller Verwunderung berichtet die Schwester dem Batuschka, dass sie in dem alten Mann ihren ehemaligen hoch verehrten Professor und Lehrer der Kunstakademie erkannt hat. Nun erfährt er auch endlich den Namen des Mannes und er reißt seinerseits die Augen weit auf. Dies war auch der Lehrer seines Sohnes und nicht nur einmal Gesprächsgegenstand der Familie des Batuschka, denn der Sohn berichtet mehrmals über seine Versuche mit dem heiß geliebten Professor über Dinge des Glaubens zu sprechen und dessen kunst vollendeten Ausweichmanövern, der seinen Schülern nur diese Antworten schuldig blieb. Vater Walerij stellte nun nochmals die Frage, ob er die Taufe wünsche und diesmal hörten alle im Zimmer Anwesenden die bejahende Antwort des Mannes, sei es aus Resignation gegenüber der Hartnäckigkeit des Batuschka, sei es aus dem Wunsch, die Angelegenheit irgendwie schnell zu Ende zu bringen, denn er fühlte eine zunehmende Kraftlosigkeit. In einem für diese Fälle verkürzten Ritus wurde der Schwerkranke schließlich getauft und empfing die Kommunion. Wie den Christen der ersten Jahrhunderte das Sakrament der Taufe erst am Ende ihres Lebens gespendet wurde, trat auch der Professor im weißen Taufgewand vor seinen Schöpfer. Wenige Tage nach der Vereinigung mit dem Leib Christi, der heiligen Kirche Gottes entschlief er in Frieden.

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