Erst am Ende des 20. Jahrhunderts, mit den einsetzenden Veränderungen in Gesellschaft und Staat, änderte sich die Haltung gegenüber der Kirche. Im August 1990 beging die Potschajew-Lawra feierlich ihr 750-jähriges Bestehen. Das Kloster erhielt seine Gebäude, Gärten und Grundstücke zurück, die religiöse Schule nahm ihre Arbeit wieder auf, die schließlich den Status eines theologischen Seminars erhielt. Das Kloster Pochaev offenbart den Christen weiterhin die Wahrheit und Schönheit des Glaubens Christi und erfüllt seine geschätzte Mission - eine Leuchte der Orthodoxie in den westlichen Gebieten Russlands zu sein.
Seit 1990 tragen die Äbte, Vorsteher der Lavra die bischöfliche Würde mit dem Titel von Potschajew und sind Vikarbischöfe der Kiewer Diözese. Seit 1996 ist die Lavra ein stavropegiales Kloster der Ukrainischen Orthodoxen Kirche.
Im III. Jahrtausend wurde das heilige Kloster geistlich erneuert und mit einem weiteren Heiligtum ausgestattet - den unverwesten Reliquien des Schi-Abtes Amfilochij (Golowatuk), im Volke als Joseph der Chiropraktiker bekannt.
In der Steingrotte der Höhlenkirche ruhen neben den Reliquien des Heiliigen Hiob auch die Reliquien des Ehrwürdigen Amfilochij von Potschajew.
Der Heilige Amfilochij wurde 1894 in Wolhynien, im Dorf Malaja Ilovitza, in einer kinderreichen, frommen Bauernfamilie geboren. Nach den Prüfungen des Ersten Weltkriegs wählte er 1925 den schmalen Heilsweg - das Mönchtum - und kam in die Potschajew-Lawra. In Fleiß und Demut erfüllte der junge Mann die ihm übertragenen Gehorsamspflichten und wurde schließlich zum Mönch geweiht und erhielt den Namen Joseph. Wenig später wurde er zum Mönchspriester geweiht. Nachdem er sein Leben dem Dienst an Gott und seinen Nächsten gewidmet hatte, erlangte der Mönch festen Glauben und Liebe, erhielt vom Herrn die Gabe der Herzensschau und der Wundertätigkeit. Er wirkte nicht nur als Chiropraktiker, sondern erlöste auch Menschen von vielen anderen Leiden: Er vertrieb böse Geister, gab den Tauben das Gehör, den Blinden das Augenlicht und tröstete die Trauernden.
Während der Verfolgung gegen die Kirche hat der Heilige Gottes die heilige Lawra nicht verlassen, sondern zusammen mit den Brüdern widerstand er den Angriffen, indem sie Tag und Nacht im Gebet zum Herrn verweilten . Mit seinem Mut und seiner Tapferkeit verteidigte er die Kathedrale der Heiligen Dreifaltigkeit der Lavra, weswegen er verhaftet und in eine psychiatrische Klinik eingeliefert wurde. Aber durch die Vorsehung Gottes mittels gutmütiger Leute, die ihn kannten, wurde er freigelassen.
Der selige Starez, im Schima Amfilochij, beendete seine irdische Reise am 1. Januar 1971. Von der Russischen Orthodoxen Kirche wurde er als Heiliger am 12. Mai 2002 kanonisiert. An diesem Tag triumphierte die irdische Kirche, und auch die himmlische Kirche triumphierte. Die Sonne jubelte von Osterfreude erfüllt. Am blauen Himmel erschien ein riesiges schneeweißes Kreuz, das mehr als drei Stunden lang dort stand. Jeder, der dieses himmlische Wunder sah, wurde vom Heiligen Geist ergriffen und dankte Gott.
Das wichtigste Heiligtum ist die Ikone der Gottesmutter von Potschajew in einem mit wertvollen Edelsteinen besetzten Kiot. Es befindet sich in der Mariä Entschlafungs-Kirche über den königlichen Türen der Ikonostase. Jeden Morgen wird beim Lesen des Akathistos die Ikone, die seit mehr als 400 Jahren Wunder wirkt, an Schnüren zur Verehrung für die Pilger herabgelassen.
Neben der wundertätigen Ikone der Gottesmutter und den heiligen Reliquien der Mönche Hiob und Amfilochij von Potschajew ist der Abdruck des Fußes der Gottesmutter - die Spur ihres Fußes auf dichtem Kalktuffstein - ein bedeutendes Heiligtum dieses Klosters. Die wundertätige Quelle, die von einem kleinen Messingzaun umgeben und mit einem Seidentuch bedeckt ist, befindet sich im Inneren der Kirche Mariä Entschlafung. Auf dem Tuch befindet sich die Abbildung des Fußabdruckes der Allheiligen Gottesmutter, und dahinter an der Wand ein Flachrelief mit der Darstellung der Erscheinung der Gottesmutter, in Bronze gegossen, mit Gold und Silber verziert. Im Inneren des Felsens, unter dem Fußabdruck, der heiliges Heilwasser verströmt, befindet sich eine Höhle, in der das Wasser tropfenweise in Gefäße fließt und abgefüllt wird. Dieses gesegnete Wasser hat Gläubige mehr als einmal von geistigen und körperlichen Leiden geheilt.
Seit 1997 hat die Lawra den Status einer Stawropegie, d.h. sie ist dem Metropoliten von Kiew und der gesamten Ukraine der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (Moskauer Patriarchat) direkt unterstellt.
Heutzutage staunt jeder Pilger über die äußere Umgestaltung des Klosters. Es gibt neun Kirchen und neue Kapellen (zu Ehren des 400. Jahrestages der Übergabe der wundertätigen Gottesmutterikone von Potschajew und des 2000. Jahrestages der Geburt Christi), ein Gästehaus und einen neuen Buch- und Ikonenladen. Viele kommen in die Lawra, um den Gesang der Brüderchöre der Lawra zu genießen. Alle, die jetzt in das heilige Kloster kommen, spüren überall die Fülle des Lebens, den Schutz der Gottesmutter, die Fürsprache und den Segen der großen heiligen Wundertäter. Das Potschajew-Lawra, von Gott auserwählt, von Gott beschützt, in seinen Heiligtümern verherrlicht, erstrahlt in wundersamer Schönheit.
Im Jahre 2018 lebten ca. 200 Mönche und 50 Novizen im Kloster.