Die heutige Lesung aus dem Evangelium nach Lukas berichtet über die Heilung der zehn Aussätzigen.
Auf dem Weg nach Jerusalem, am Eingang eines Dorfes, ertönte ein gedämpfter, kläglicher Schrei und erreichte Christus. Er kam von zehn Aussätzige, neun Israeliten, Juden, und ein Samariter, ein von den Juden verachteter Ausländer.
Unter normalen Umständen hätten die Israeliten den verachteten Fremden nicht in ihre Gemeinschaft aufgenommen, aber das schreckliche Leiden vereinte sie zu einer Gesellschaft. Als sie den Erlöser kommen sahen, blieben sie in weiter Ferne stehen, denn sie wagten es nicht, sich ihm zu nähern, weil ihre Annäherung eine Verunreinigung mit sich bringen würde, und sie waren gezwungen, alle, die sich ihnen näherten, mit dem Seelen zerstörenden Schrei „unrein, unrein“ zu warnen.
Die Lepra, dieser lebendige Tod, war ein schreckliches Leiden. Sie wird von Bakterien hervorgerufen, die die Haut des Menschen infizieren. Sie breitet sich langsam über den ganzen Körper aus, bedeckte ihn mit Wunden und entstellt schließlich das Gesicht. Der Aussatz war eine Krankheit, die schrecklicher war als der Tod selbst.
Und kaum hörte Christus ihren Schrei: “Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns!”, antwortete Er sogleich mit lauter Stimme: “Geht und zeigt euch den Priestern!” Beim Klang dieser wundertätigen Stimme spürten sie, wie gesundes Leben in sie einströmte, wie ihr Leib gereinigt wurde und wie sie wieder zu Kräften kamen. Sie erkannten, dass er sie zu den Priestern schickte, um sie als geheilt anerkennen zu lassen und um die Bestätigung zu bitten, wieder am öffentlichen Leben teilnehmen zu können.
Man beachte, dass Christus die Geheilten zu den Priestern schickte. Denn ist nicht Er selbst, einer der göttlichen Dreieinigkeit, der König der Welt und das Haupt der Priesterschaft. Christus schickte die Aussätzigen zu den Priestern, um ihnen mitzuteilen, dass sie von Dem geheilt worden waren, Den die Priester und die Führer des Volkes nicht nur nicht anerkennen wollten, sondern verfolgten und Den zu töten, sie böswillig planten. Indem Er sie zu den Priestern schickte, bezeugte Christus, dass das Priestertum keine selbstherrliche Einrichtung ist, sondern von Gott selbst eingesetzt wird. Wir wissen, dass die Führer Israels Christus vorwarfen, er sei ein Übertreter des Gesetzes. Indem er die Aussätzigen zu den Priestern schickt, zeigt er ihnen, dass er nicht gekommen ist, um das Gesetz aufzuheben, sondern um es zu erfüllen, um der Kirche ein Beispiel für die Erfüllung des Gesetzes und den Gehorsam zu geben.
Alle zehn hatten durch das Wort des Christus-Messias das größte und kostbarste Geschenk erhalten, aber die Tiefe der Undankbarkeit ist unermesslich! Die neun Israeliten dachten nicht einmal daran, zu ihrem göttlichen Arzt zurückzukehren, um ihm zu danken. Zu ihrer Schande kehrte nur der Samariter, der „Nichtjude“, den sie verachteten, zurück und fiel dem Erlöser zu Füßen, um ihm zu danken und Gott zu preisen. Das Herz Jesu war an jede Undankbarkeit gewöhnt, aber ein solch schamloses und ungeheuerliches Beispiel von Undankbarkeit erzürnte es. Durch Jesus war Gott gekommen, um seinem Volk, dem Volk des Bundes, zu helfen, um ihm Barmherzigkeit zu erweisen, aber das alte Israel lehnte seine Herrlichkeit ab, lehnte Christus, seinen König und Retter, ab.
„Es sind doch alle zehn rein geworden. Wo sind die übrigen neun?“ - fragte Christus mit traurigem Erstaunen. “Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden?” Die Argumentation derer, die meinten, ein besonderes Anrecht auf Gott, auf seine Schirmherrschaft zu haben, brach zusammen. “Gott sieht nicht auf die Person, sondern Ihm ist in jedem Volk willkommen, wer Ihn fürchtet und tut, was recht ist.” (Apg 10,34f.) Nachdem der Herr den Leib des heidnischen Samariters geheilt hatte, heilte er auch seine Seele und sagte liebevoll zu ihm: “Steh auf und geh! Dein Glaube hat dir geholfen.”
Mit dem Kommen des Verheißenen, mit dem Kommen des Christus-Messias, tritt das neue Israel, das die Propheten vorausgesagt haben, an die Stelle des alten Israel. Und die Zugehörigkeit zum Israel Gottes wird nicht mehr durch das Fleisch bestimmt, “denn nicht alle, die aus Israel stammen, sind Israel” (Röm 9,6), sondern durch “Gerechtigkeit, die Gerechtigkeit aus Glauben.” (vgl. Röm 9,30-32). Amen.