Kapitel 3: Hier ist meine Seele Teil 35

2. September 2024

Das Buch von Erzpriester Andrej Lemeschonok

Feuriges Christentum

In unserem Leben geht es darum, Gott in uns zu bewahren.

Wir wissen, dass wir leben werden, wenn wir bei Christus sind. Wir können leben, auch wenn wir bettlägerig sind, wir können im Gefängnis leben, wir können leben, wenn wir von allen abgelehnt werden. So wird das Leben nicht nur ein Umherziehen auf der Suche nach etwas Interessantem, sondern unser Leben wird zu einer zielgerichteten Bewegung auf Christus zu.

Unser Ziel ist es, Christus in unserem Herzen zu haben, sodass unser ganzes Leben zu einer Gemeinschaft mit Gott, seiner Liebe und seinen Gaben wird. Das ist die Art von Christentum, die wir haben möchten.

Es braucht ein feuriges Christentum. So war es in der Zeit der Verfolgung in den ersten Jahrhunderten. Und es wiederholte sich, als die Verfolgung in Russland begann, die sogar noch schrecklicher war als die Verfolgung der ersten Christen.

Wir merken es, wenn wir Gott nahe sind. Es geschieht, wenn wir plötzlich spüren, dass eine tödliche Gefahr für unsere Angehörigen, für uns selbst besteht, und dann lenkt uns nichts und niemand mehr von Christus ab. Dann wird unser Leben ein einziger Schrei: "Herr, erbarme dich!" Aber wenn alles in Ordnung ist, dann sagen wir: "Warte, Herr, ich werde Zeit haben, mit Dir zu sprechen, ich bin jetzt beschäftigt und muss dies und das tun". Und dann, am Ende des Tages: “Oh, ich bin müde. Wirklich müde. Morgen werde ich mit Dir reden, aber heute Abend muss ich ins Bett gehen.” Aber wenn wir wüssten, dass unsere Lieben in dieser Nacht sterben werden, würden wir beten. Wenn wir wüssten, dass dies die letzte Nacht auf dieser Erde ist und unsere Seele zum Gericht Gottes gebracht wird, würden wir beten, wir würden nicht sagen: "Ich bin müde, ich habe keine Zeit". Das ist es, was geistige Spannung, geistiges Leben sein kann. Aber es kommt nicht auf einmal, denn wenn ein Mensch lange Zeit in einer solchen Spannung lebt, wird er nicht durchhalten, er wird zusammenbrechen.

Wir beginnen mit kleinen, scheinbar alltäglichen Dingen, aber in diesen Dingen versuchen wir, nicht zu sündigen. Alles beginnt damit, dass wir aufmerksam sind: Was sage ich, was denke ich, wen sehe ich um mich herum? Wir versuchen zu sagen: Wer bin ich vor Gott, wie bin ich vor Gott, und wie soll ich vor Gott leben? Und das kostet die ganze Kraft unserer Seele, und wir beurteilen niemanden mehr, wir lassen uns nicht mehr ablenken, wir sagen nicht mehr: "Und der ist so und so, und der ist so und so." Was für einen Unterschied macht das schon? Er lebt vor Gott, und der Herr ist sein Richter. Das ist es, was der Herr im Evangelium sagt: "Schau auf dich selbst, sieh den Balken in deinem Auge, richte nicht deinen Nächsten" (siehe Matthäus 7,3-5).

Und wenn wir uns bemühen, nicht zu sündigen, uns nicht ablenken zu lassen, unsere Gedanken nicht von Gott abschweifen zu lassen, beginnen wir uns selbst zu verändern und alles um uns herum verändert sich auch.

Aufgabe Nr. 1

Ständig in Dankbarkeit zu leben, in jeder Situation zu lernen, den inneren Frieden und das Vertrauen in Gott nicht zu verlieren, ist die Aufgabe Nr. 1 für jede Seele. Und in den Momenten, in denen wir den Frieden verlieren, wenn wir stolpern, müssen wir zurückgehen und genau hinschauen, warum wir der Versuchung nachgegeben haben, warum wir hier gesündigt haben und von Gott abgewichen sind. Und wir müssen es in der Beichte sagen: “Ich habe es so gemacht, weil ich gezweifelt habe, rebelliert habe, Gott nicht geglaubt habe, sondern meinem kranken Ego, meinem Selbstmitleid vertraut habe. Ich habe erneut versagt. Herr, vergib mir, korrigiere mich, belehre und bessere mich, Sünder.”

Es ist nicht nötig, die gleichen Fehler stets zu wiederholen. Man muss an seinen Fehlern arbeiten. Und wenn sich das nächste Mal eine Situation wiederholt, sollte man innehalten und sich daran erinnern, dass es schon einmal passiert ist, und die richtige Entscheidung treffen. Und wenn wir unaufmerksam sind, vergessen wir alles und erliegen wieder den gleichen Emotionen, stolpern und fallen an der gleichen Stelle.

Es ist gut, ein Gedächtnis zu haben, vor allem das Gedächtnis des Todes, denn es ist ernüchternd für einen Menschen. “Bei allem, was du tust, denk an das Ende, so wirst du niemals sündigen.” (Sir 7,39).

Wie belanglos werden manche Missverständnisse, Streitereien, Beleidigungen, wenn man am Grab eines geliebten Menschen steht. Man ist sogar entsetzt: Warum war es nötig, sich gegenseitig auf die Nerven zu gehen, warum war es nötig, etwas zu beweisen, wenn der Tod das Ende aller menschlichen Streitigkeiten ist?

Es ist sehr wichtig für jeden Menschen, sich öfter an das Ende zu erinnern, jenseits derer es kein "dein und mein" mehr gibt, sondern alles gehört Gott.

Heilig werden

Wenn man einem Menschen Aufmerksamkeit schenkt, wenn man ihn ansieht, kann man sich in jeden Menschen verlieben, denn er ist schön - er ist ein von Gott geliebtes Geschöpf und trägt den Abdruck seiner Schönheit.

Aber wenn wir von Liebe sprechen, meinen wir nicht Verliebtheit, nicht glühende Gefühle, nicht Leidenschaft, mit der ein beeinflussbarer Mensch lebt, sondern der Dienst am Nächsten.

Gott hat uns in die Kirche gebracht, um uns zu lehren, uns gegenseitig zu lieben. Die Liebe Christi, die wir hier leben, bringt uns ins ewige Leben, diese Liebe stellt die Einheit unter uns wieder her.

Es kommen hier Menschen zusammen, die sich absolut nicht nahestehen, die einander nicht verstehen und nicht verstehen wollen. Und plötzlich vereint uns die Liebe Christi, der Kelch Christi, der von Christus herausgetragen und durch den Priester an alle ausgeteilt wird, baut aus uns die heilige Kirche auf.

Die Kirche ist nicht nur ein Gebäude mit einem Kreuz, vielen Ikonen und brennenden Kerzen, die Kirche ist der Leib Christi, in dem Christus in allem und in jedem ist. Und wenn Christus in uns ist, dann sind wir die Kirche. Und wenn wir Christus verlieren, wenn wir sündigen, sind wir nicht mehr in der Kirche. Durch unsere Sünde schneiden wir uns vom Leib Christi ab.

Aber wir haben das Sakrament der Buße, wir kommen und sagen: “Herr, vergib uns. Ich habe im Himmel und vor Dir gesündigt und bin nicht mehr würdig, ein Sohn oder eine Tochter zu sein. Nimm mich an wie einen Tagelöhner”, und der Herr nimmt uns immer wieder als seine unklugen, aber geliebten Kinder an. Das ist die Liebe Christi.

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