Der verlorene Sohn

16 Februar 2025

Bischof Mitrofan Snosko-Borowskij

“Alles ist mir erlaubt- aber nicht alles nützt mir. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich.” So belehrt der heilige Paulus uns alle, vor allem die jungen Menschen von heute. Und das Wort des Heilands über den verlorenen Sohn ist eine Illustration der Worte des Apostels Paulus. Paulus. Von der Belehrung des Apostels Paulus verwendet der Mensch gewöhnlich die erste Hälfte: „Alles ist mir erlaubt“, ohne darüber nachzudenken, ob es nützlich ist, sowohl im Sinne von geistig als auch von körperlich, leiblich. Und ohne nachzudenken, gerät er allmählich in das Netz der Willkür und dann in das Netz der Sklaverei, das ihn später zu schweren Prüfungen und Leiden führt.

Wie lässt sich dieser Mangel an Urteilsvermögen im Menschen erklären? Das Gleichnis vom verlorenen Sohn gibt eine Antwort auf diese Frage.

Ein junger Mann, der scheinbar aus einer guten Familie stammt, was man an seinem Vater und seinem älteren Bruder sieht, der seinen Willen sozusagen mit dem Willen seines Vaters verschmolzen und ihn niemals im Leben verärgert hat. Und plötzlich wird dieser jüngere Sohn zum verlorenen Sohn. Wie ist das passiert? Allmählich. Ausgestattet mit allem Lebensnotwendigen, mit allem, was dem Menschen zur Verfügung steht, verfällt er zuerst der Sünde des Narzissmus, dann der Fleischeslust, und damit beginnt die Trennung vom Vater. Er wird hochmütig, die Sinnlichkeit beginnt in ihm die Oberhand über die höheren Bestrebungen der Seele zu gewinnen, er wird zum Sklaven seiner Sinnlichkeit und sehnt sich nach jener eingebildeten Freiheit, die den Menschen in Wirklichkeit in die Sklaverei führt.

Seine Selbstherrlichkeit, seine fleischliche Veranlagung und seine Arroganz führten ihn zu seinem Vater mit einer Forderung: „Vater, ich bin volljährig, gib mir den Erbanteil, der mir rechtlich zusteht. Ich brauche deine Führung nicht mehr, ich will nach meinen eigenen Vorstellungen und Wünschen leben.” Er wollte die Freiheit, landete aber in einer erniedrigenden Sklaverei. Das ist die logische Folge seines Eigensinns, seiner Loslösung vom elterlichen Willen: erst die Fülle der Sinnlichkeit, dann die Sklaverei mit schrecklichen seelischen Qualen und Demütigungen. Das, meine Lieben, ist das Ergebnis des Eigensinns, der nach einer falsch verstandenen Freiheit strebt.

Irgendwann im Laufe seines Leidens wird der verlorene Sohn unweigerlich seine Fehler erkennen, sich an die Anweisungen der Eltern erinnern und, wenn sich sein Herz nicht durch das Verharren in den Sünden verhärtet hat, wie es oft bei den Abtrünnigen geschieht, in den Schoß des Väterlichen Herzens zurückkehren, zurückkehrend mit der Furcht seiner Unwürdigkeit, seiner Nichtigkeit vor der von ihm beleidigten Würde des Vaters. Das Evangelium vom verlorenen Sohn gibt uns ein Bild für eine solche Rückkehr in das Haus des Vaters. Glücklicherweise bewahrte der verlorene Sohn die dankbare Erinnerung an seinen Vater, und das rettete ihn.

Also, meine Lieben, um das Kind vor dem Einfluss der Straße und einer ungute Umwelt zu bewahren, die es verderben könnten, ist es sehr wichtig und notwendig, in ihm das Gefühl der Dankbarkeit zu kultivieren, das mit der Achtung seiner Eltern verbunden ist. Denn wer von Kindheit an nicht gelernt hat, den Willen seiner Eltern zu ehren, die ihn erzogen und aufgezogen haben, wer kein tiefes Gefühl der Dankbarkeit gegenüber seinen Eltern hat, wie kann er dem Willen Gottes, den Geboten des Herrn, gehorsam sein? Er wird schnell vom Schmutz des allgemeinen Geschwätzes und seiner Gefühle mitgerissen, er wird leicht in Lügen verfallen und sowohl sich selbst als auch Gott betrügen.

Der verlorene Sohn

Indem der Herr uns zu den sich öffnenden Toren der Hl. Großen Fastenzeit geleitet, regt Er uns mit dem Gleichnis vom verlorenen Sohn zum Nachdenken an: Ist nicht jeder von uns ein verlorener Sohn? Leben und fragen wir immer nach dem Willen Gottes für uns? Verschwenden wir nicht oft unsere von Gott und zu Seiner Ehre gegebenen Fähigkeiten? Die Kirche erinnert uns an all dies und ruft uns auf, unser Leben zu überprüfen und auf den Weg des Willens des Herrn zurückzukehren, indem wir uns an die Worte des Apostels erinnern: „Das ist es, was Gott will: eure Heiligung.“ (1 Thess 4,3) Amen.

Aufrufe:
Ratings: 5/5
Votes: 1
Mehr zum thema
Artikel zum Thema
Comment