Predigt vom 13. Sonntag nach Pfingsten (Mt 21,3-42)

18. September 2021

Metropolit Antonij von Surosch

Das Gleichnis von den boesen Weingaertnern

Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes!

Während der ganzen Fastenzeit und der Sonntage, die auf Ostern und Pfingsten folgen, lesen wir die Abschnitte aus dem Evangelium, in denen der Herr Seine Gnade, Seine Liebe und Seine erlösende Kraft für das Menschengeschlecht offenbart. Wir lesen über alte Zeiten und über die Frohbotschaft. Und heute, wie eine Art Unterbrechung dieser Reihe feierlicher, freudiger Lesungen, steht vor uns eine sehr seltsame Evangelienlesung: die Erzählung von den Weingärtnern, die sich als Verräter erwiesen.

Dieses Gleichnis bildet die ganze Geschichte des Menschengeschlechts ab. Aber im Kontext dessen, was vorher gelesen wurde, spricht sie uns, über diese fürchterliche, im wahrsten Sinne des Wortes, fürchterliche Undankbarkeit, die nicht nur die Menschheit als Ganzes, sondern wir alle in der Beziehung zu Gott zeigen. Angesichts Seiner Liebe, all Seiner Wunder, allem, was Er getan hat, bleiben wir gefühllos und selbstverliebt; wir denken an uns, nicht an den Nächsten, noch weniger denken wir an Gott: Undankbarkeit, der Fokus auf sich selbst, darauf, was jeder von uns möchte, erfreut und nötig erscheint.

Die heutige Evangelienlesung erzählt uns darüber, dass der Herr die ganze Welt, diese wunderschöne, wundervolle Welt erschuf. Er beschützt sie durch Seine Stärke und Vorsehung. Alles wurde in ihr vorbereitet, damit sie der Platz für Gottes Reich, das Reich der gegenseitigen Liebe, das Reich der Freude werde. Und wir, die Menschen wissen genau, was wir aus dieser Welt gemacht haben: einen Ort, wo es schrecklich ist zu leben, wo Blut vergossen wird, wo unmenschliche, grausame Taten stattfinden, dies nicht nur im Weltmaßstab, sondern auch im kleinen, in den Familien, Gemeinden, im Kreis der besten Freunde. Und der Herr hat von Generation zu Generation Seine Boten geschickt: die Patriarchen, die Propheten, die Engel, er sandte Apostel und Prediger, den Täufer, und schließlich kam Er selbst, um uns daran zu erinnern, dass die Welt für die Liebe geschaffen wurde. Und genauso wie im Gleichnis nahmen die Weingärtner Ihn, führten Ihn aus dem Weingarten hinaus und brachten Ihn, den Sohn, um. Genauso verhielt sich die Menschheit gegenüber dem fleischgewordenen Sohn Gottes. Und wenn ich „die Menschheit“ sage, dann meine ich nicht die anderen, sondern ich spreche über uns selbst. Denn uns wurde das Leben ausgehändigt, um daraus den Triumph der Liebe, der Brüderlichkeit, der Harmonie, des Glaubens und der Freude zu machen. Doch wir tun dies nicht, denn wir denken immer nur an uns selbst...Als Antwort darauf, was Gott alles für uns getan hat: Er schuf uns, hat Sich uns offenbart, goss über uns all Seine Liebe aus, übergab uns Seinen Sohn auf Leben und Tod – und wir erwidern fast nichts darauf, außer einem augenblicklichen „Danke!“ und einem eben solchen augenblicklichen Vergessen.

Darüber erzählt uns das heutige Evangelium: Schauen Sie zurück auf das, was sie während der Fastenzeit gehört haben, was Sie in der Osternacht gesehen haben, was Sie an den folgenden Sonntagen über die Heiligen, die Heiligen Russlands, die Heiligen dieser Welt, vom Evangelium über die Liebe und die Menschlichkeit gehört haben! Sehen Sie sich das alles an und stellen Sie sich dann die Frage: „Bin ich etwa ein Weingärtner, bin ich jemand, der jedes Mal, wenn Christus in mein Leben tritt, Ihn beiseite schiebt: «Geh weg, verstell mir nicht meinen Weg, verschwinde aus meinem Leben – Ich will selbst Gott sein, mein eigener Herr, ich werde selbst alles in die Hand nehmen...»“

So spricht jeder von uns, nicht so vermessen, nicht so gotteslästerlich, aber mit Taten, mit faulen Worten. Wir müssen uns erinnern: ich habe es schon oft gesagt, dass wir gerettet wurden, weil wir von Gott geliebt werden. Aber nicht nur durch die Liebe Gottes sind wir gerettet, sondern auch durch unsere Antwort auf diese Liebe! Wenn wir nur die Früchte des Kreuzes, der Kreuzigung dieser Leidenstage ernten wollen, und weder Gott noch dem Nächsten, für den Gott starb, etwas abgeben außer einer momentanen Erinnerung, dann sind wir fern von dem, was der Herr für uns tat.

Stellen wir uns vor das Gericht des heutigen Evangeliums, der Warnungen, der Mahnungen und stellen wir uns die Frage: „Wo ist meine Dankbarkeit?

Verwirkliche ich sie nur in Worten, die auch eher selten sind, sondern auch in Taten? Halten wir über uns Gericht und beginnen wir ein neues Leben. Und diese Dankbarkeit Gott gegenüber schließt ein, dass wir Ihm Freude bereiten und unserem Nächsten Stärkung, Rettung und Frohsinn bringen. Beginnen wir heute Früchte dessen darzubringen, was wir heute von Gott, unserem Herrn Christus, gehört haben. Amen.

(gehalten am 23.08.1980)

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