Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Am Tag des “Triumphs der Orthodoxie” feiern wir ein kirchliches Ereignis: den Abschluss der Ära der sieben Ökumenischen Konzilien. Auf dem Siebten Ökumenischen Konzil wurde das Dogma von den Ikonen verkündet, das besagt, dass Gott, nachdem er Mensch geworden war, darstellbar wurde, dass der unsichtbare, unfassbare Herr durch seine Inkarnation ein menschliches Antlitz erhielt und dass das Antlitz Gottes festgehalten werden kann durch Linien und Farben; nicht als Porträt, sondern als inneres, geheimnisvolles Gottesbild, erfahrbar, erlebbar, erkennbar in der Kirche.
Wie wunderbar ist das: Gott hat ein Angesicht, und wir können dieses Angesicht betrachten; und vor einer Ikone, die die kirchliche Erfahrung, das kirchliche Wissen über Gott ausdrückt, können wir uns wirklich mit Liebe, mit Ehrfurcht, mit Zärtlichkeit niederknien. Gott wurde einer von uns, ohne aufzuhören, der unbegreifliche, große Gott zu sein, das Leben selbst, die Heiligkeit selbst, die Unbegreiflichkeit selbst. Und damit wird das alttestamentliche Wort, dass wir nach dem Bilde Gottes geschaffen sind, neu beleuchtet; Jeder von uns ist eine Ikone. Wie wundervoll! Wenn wir einander anschauen, so wie wir eine Ikone betrachten, können wir mit dem Blick des Glaubens, dem Blick der Liebe, dem Blick der Anbetung das Abbild Gottes erkennen.
Es gibt ein Wort im Neuen Testament, dass wir dem Kaiser geben müssen, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört. Dieses Wort wurde gesagt, als unserem Erlöser Jesus Christus ein Denar mit einem eingeprägten Antlitz, dem Bild eines römischen Kaisers, überreicht wurde, und er antwortete: Gebt, worauf das Siegel der Welt ist, das Siegel der Macht, das Siegel der Erde, denen, denen es teuer ist; aber gebt Gott, was mit Seinem Siegel besiegelt ist ... Und jeder von uns ist das Ebenbild Gottes, jeder von uns hat dieses Siegel, das uns zu Gott gehören lässt, und wir können es niemandem geben außer Gott.
Und das heutige Fest der Ikonen ist nicht nur handgemalten Ikonen gewidmet, spricht nicht nur davon, dass Gott bildlich dargestellt werden kann, dass Gott Mensch geworden ist und ein menschliches Antlitz und Bild hat; sondern spricht auch davon, wie wir mit der Tatsache umgehen sollen, dass jeder von uns eine heilige Ikone Gottes ist. Wie sollten wir uns, uns selbst und einander gegenüber verhalten, wenn wir dies nur verstehen, uns daran nur erinnern könnten! Es gibt Ikonen, die von menschlicher Bosheit beschmutzt, zertrampelt und verstümmelt wurden; und diese Ikonen sind uns so lieb geworden, als wären sie “Märtyrer-Ikonen”; wir wollen diese Ikonen beschützen, sie mit Liebe umgeben, sie behüten, weil sie so sehr unter der menschlichen Lüge gelitten haben ... So sollten wir auch einander ansehen, wenn ein Mensch durch Sünde entstellt, wenn ein Mensch verwundet ist, wenn es so schwierig ist, die Schönheit und Herrlichkeit Gottes in ihm zu entdecken ; dann müssen wir tief in dieses heilige und entweihte Bild schauen, dann müssen wir all unsere Arbeit, all unsere Liebe, all unsere Ehrfurcht darauf verwenden, dass diese Ikone, die nicht auf ein Holzbrett geschrieben wurde, sondern in die Seele eines Menschen hinein, als Seine Erscheinung und Sein Abbild, gereinigt, geheilt sowie neu geheiligt, wieder zu einer Ikone zur Ehre Gottes wird.
Und so treten wir heute in die zweite Woche der Großen Fastenzeit ein, an deren Ende der heilige Gregor Palamas die Herrlichkeit des Menschen verkünden und sagen wird, dass Gottes Gnade im Menschen lebt, auf ihm ruht, ihn berührt, heilt, ihn neu erschafft, dass diese Gnade, dass Gott selbst in uns wohnt. Wie ehrfurchtsvoll sollten wir einander anschauen, wie ehrfürchtig und andächtig miteinander umgehen, trotz unserer Unzulänglichkeiten, Schwächen, Sünden, denn wir sind Sein Abbild: befleckt, aber dennoch geheiligt.
Amen.
(7. März 1982)