Steckbrief VI

15. March 2022

Nonne Platonida Schpakowa

Die Nonne Platonida (Schpakowa) teilt mit uns ihre Erinnerungen an jene Menschen, die für sie zu Orientierungspunkten auf ihrer Gottessuche wurden.

die Ikone der Mutter Gottes Es ist wahrhaft wuerdig

Sie wurde in einer orthodoxen Familie geboren und haben den orthodoxen Glauben quasi mit der Muttermilch aufgesogen. Wer hat Ihnen dabei besonders geholfen?

Der erste Orientierungspunkt in meinem Leben war meine Großmutter Jekaterina, die mich bestärkte und mir zeigte, wie man wirklich Gott vertraut.

Diese Geschichte beginnt im Jahr 1935. Es waren die Zeit der Verfolgung. Auch die Familie meiner Großmutter – ihr Ehemann, sie und die Kinder – wurde verfolgt und nach Kasachstan deportiert. Sie mussten alles verlassen und ins Unbekannte begeben. Und die Großmutter stellte die Ikone der Mutter Gottes auf den Tisch (ich weiß nicht genau welche, obwohl die Ikone „Es ist wahrhaft würdig“ immer im Haus hing) und sagte: „Mutter Gottes, rette uns das Haus. Wir werden auf jeden Fall wiederkommen." Unterwegs und im Exil begrub meine Großmutter drei ihrer Kinder und ihren Mann. Sie kehrte 1947 mit ihrem Sohn, der noch in Kasachstan geboren wurde, nach Hause zurück, nur mit einem Topf voller gekochter Kartoffeln, ohne einen einzigen Cent. Im Zug lief der Sohn durch die Waggons, tanzte und sang. So ernährte er sich und seine Mutter.

Als meine Großmutter in ihre Heimat zurückkehrte, stellte sich heraus, dass das ganze Dorf niedergebrannt war. Einzig ihr Haus war unversehrt geblieben. Zunächst hatte man vor ein Internat für Kinder einzurichten, deren Eltern im Krieg gefallen oder gestorben waren. Doch als meine Großmutter zurückkehrte, wurde beschlossen, alle Waisenkinder nach Begoml zu schicken. Gleich bei ihrer Ankunft ließen sich die Großmutter und ihr Sohn sofort in dem Haus nieder, das unter dem Schutz der Muttergottes gestanden hatte. Solch ein Glaube an die Muttergottes, ein solches Vertrauen in Gott wurde nicht beschämt - und dies war ein wahres Wunder.

di Reliquien der heiligen Fuerstin Sophia von Slutsk

Sie hatten persönlich den verstorbenen Metropoliten Filaret kennen gelernt. Wie kam es dazu?

Unser Metropolit Filaret wird wegen seines unerreichbaren geistigen (und geistlichen) Höhe und gleichzeitig wegen seiner außergewöhnlichen Einfachheit in Erinnerung bleiben. Als ich von einer mich tief beeindruckenden Prozession aus Polen zurückkam, empfand ich ein lebhaftes Mitgefühl mit unserem Volk, das im Laufe der letzten hundert Jahre, als Kirchen zerstört und geschlossen, Geistliche und einfache Gläubige ermordet und verbannt wurden, geistig so verarmt war! Ich entdeckte die Schönheit der Tradition religiöser Prozessionen, gemeinsamer Gebete, gemeinsamer Gottesdienste. Und ich dachte, dass eine ähnliche Prozession auch hier organisiert werden könnte. Immerhin gibt es in Minsk einen großes Heiligtum - die Reliquien der heiligen Fürstin Sophia von Slutsk. Dies könnte der Ausgangspunkt sein. Ich wandte mich an den Vorsteher der Peter-und-Pauls-Kathedrale, der mir sagte, ich solle mich mit einer solchen Frage an Metropolit Philaret wenden. Nun gut, wenn es heißt zum Metropoliten, dann eben zum Metropoliten. Es war sehr einfach, ihn zu erreichen. Ich kam in die Diözesanverwaltung, trat in sein Büro ohne Gebet, ohne Kopftuch ein. Am Tisch gegenüber saß ein in geistiger Hinsicht sehr schöner Mann. Er leuchtete einfach. Natürlich war ich verlegen. Und er sagte einfach: „Setz dich. Ich höre dir zu." Und ich erzählte ihm unverhohlen alles, woran ich dachte und mein Herz Schmerz empfand, über unser Volk, über die Prozession und über die Anmut und Schönheit, die sich mir offenbarten. Er hörte zu und lächelte. Am Ende gab mir der Metropolit einen Termin für einen zweiten Besuch, und ich ging.

Ich kam also zur festgesetzten Stunde, wieder ohne Gebet, ohne Kopftuch ins Büro des Metropoliten. Da saßen eine Menge Priester ,etwa zwölf Mann. Wie ich später erfuhr, waren es die Dekane der Diözese. Ich erzählte also, was ich beim ersten Treffen schon gesagt habe. Der Metropolit sagte zu den Priestern: "Erweist ihr jede erdenkliche Hilfe." Und zu mir gewandt: "Jetzt musst du mit jedem einzelnen von ihnen sprechen." Überhaupt hat sich der Metropolit bei der Vorbereitung dieser Pilgerreise sehr aktiv an allem beteiligt - nicht als Metropolit, sondern einfach als Teilnehmer. Ich war sehr getröstet, als ich gesehen habe, wie zugänglich und interessiert diese Priester waren. Auch sie waren von der Idee begeistert und es war ihnen wichtig, die Menschen aufzurütteln. Sie waren davon überzeugt, dass dies eine große Hilfe für ihre Dekanate sein wird.

Und schließlich führten wir die Prozession durch. Entlang des Weges hatten wir 7 Anbetungskreuze aufgestellt. Etwa auf halber Strecke legten wir eine Mittagspause ein. Mittagessen, Baumwipfel… Plötzlich hielt ein Auto an, der Metropolit kam mit einer riesigen Schachtel Schokolade heraus. Es war der Gedenktag des Hl. Kyrill von Turow und der Metropolit war zum Patrozinium gefahren. Als er nach einem langen Tag müde zurückkehrte, fand er doch noch Zeit, erinnerte sich an uns und kam vorbei, um Trost zu spenden ... Ich kann mich nicht ohne Tränen daran erinnern. So habe ich unseren Metropoliten in Erinnerung. Eine einfache, zugängliche Person, die tatsächlich die Worte des Evangeliums erfüllt hat: seid arglos, wie die Tauben (vgl. Mt 10,16).

Metropoliten Filaret

Was fasziniert Sie an Ihrem Beichtvater?

Ein lebendiges Beispiel für aufopferungsvollen, priesterlichen Dienst, dem Stehen vor Gott ohne Mitleid mit sich selbst, ist für mich unser liebes Väterchen, Vater Andrej Lemeschonok. Ich möchte gar nicht als Beichtvater über ihn sprechen, sondern als Beispiel, wie man vor Gott stehen soll. Insbesondere seine Präsenz vor Gott. Ich weiß, wie er lebt. Angesichts der Last, die er trägt, die zahlreichen Gottesdienste, Beichten, geistliche Betreuung zahlreicher Beichtkinder und wie er sich um seine eigene Familie kümmert, sehe ich ihn, wie er morgens zum Gottesdienst den Altar betritt, als hätte es diese schlaflose Nacht nicht gegeben. Wenn er zu Beginn der Göttlichen Liturgie oder der Nachtwache ein Gebet spricht, verwandelt er sich einfach. Mit seiner Energie steckt er mich an. Manchmal habe ich einfach nicht die Kraft, aber wenn ich sehe, wie Väterchen das macht, schäme ich mich für meine Schwäche. Es inspiriert mich so sehr, dass alles andere abfällt. Darauf blicke ich.

Vaeterchen Andrej

Sie pflegen auch eine sehr besondere Beziehung zu ihrem Sohn! Was können Sie uns darüber sagen?

Und schließlich mein Sohn, der Priester Vater Vadim. Das Datum seiner Weihe und der Zeitpunkt meiner Abreise ins Kloster fielen zusammen - diese Ereignisse fanden im Jahr 2015 statt. Außerdem habe ich wieder die Vorsehung Gottes in unserem Leben gesehen, denn er wurde in Grodno im Kloster zu Ehren der Geburt der Allheiligen Gottesgebärerin geweiht. Die ganze Familie kam dorthin. Ich konnte zuerst nicht verstehen, warum es Grodno sein mußte, gab es doch in Minsk genug Kirchen. Die Bedeutung wurde mir klarer, als ich zu Väterchen Andrej zur Beichte ging, um zu besprechen, wie es weiter gehen soll, und er sagte: „Komm morgen ins Kloster.“ Und "morgen" war das Hochfest der Geburt der Allheiligen Gottesgebärerin . Ich denke schon, oder vielleicht will ich es glauben, dass die Gottesmutter uns unter ihren Schutz genommen hat.

Wir tauschen uns oft aus. Mein Sohn ist mein Gesinnungsgenosse. Wir sprechen miteinander, erörtern gemeinsame Themen, teilen gemeinsame Interessen. Wir haben aber auch sehr unterschiedliche Meinungen, je nach Alter oder Bildung und manchmal streiten wir uns, was mir sehr gefällt. Aber er erdet mich auch immer wieder, wofür ich ihm dankbar bin. Und ich bitte Gott, dass er ein Orientierungspunkt für all jene Verwandten und Freunde sein mag, die in der Welt geblieben sind.

der Priester Vater Vadim

Möchten Sie abschließend noch etwas sagen?

Diese Menschen waren oder sind meine Orientierungspunkte. Ich traf sie auf meinem Weg zu Gott. Dafür bin ich Ihm sehr dankbar. Genauso dankbar bin ich dafür, dass ich im Kloster bin. Und natürlich hätte ich es gern, dass wir uns alle der einst in der Ewigkeit im Himmelreich Gottes wiedersehen würden.

Vielen Dank für das Interview!

Übersetzung und Bearbeitung aus dem Russischen

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