Über die wahre Liebe zu Gott und zu unseren Nächsten

25. September 2022

Zum Fest der Enthauptung des Hl. Propheten Johannes

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!

Geliebte Brüder und Schwestern!

Im heute zu unserer Erbauung und Erlösung vorgetragenen Evangelium hat der Herr uns eine sehr wichtige göttliche Wahrheit dargelegt: welches ist das größte unter allen Gesetzen.

Vieles lehrte der Herr die Menschen des Alten Testaments, indem er den Propheten seinen heiligen Willen mitteilte, so dass die heiligen Propheten alles in göttlich inspirierten Büchern aufschreiben konnten. Und im Neuen Testament belehrt uns der Herr in den Evangelien Seine göttlichen Gebote, und das Wesen all dieser Gesetze wird in den zwei Hauptgebote zusammengefasst, die der Herr uns heute offenbart, indem er  auf die Frage des Schriftgelehrten antwortet.

Der Schriftgelehrte fragte, was das größte Gebot im Gesetz sei. Und der Herr antwortete ihm: „Liebe den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen und von ganzer Seele und von ganzem Gemüt: das ist das erste und das größte Gebot; das zweite ist ähnlich: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst; auf diese beiden Gebote ist gegründet das ganze Gesetz und die Propheten“ (Mt 22,36-40). Diese Gebote sind nicht schwer, sie sind einfach und leicht zu erfüllen. Darum sollen wir unsere ganze Aufmerksamkeit, Kraft und unsere Gebete für die Erfüllung dieser zwei Gebote aufwenden, um das ewige Leben in der Zukunft zu erben.

Wir müssen unseren Gott zuallererst nach dem Empfinden unserer Schuld lieben, gemäß dem Gefühl unserer Abhängigkeit von Ihm, denn Gott ist unser Schöpfer, Er hat uns erschaffen, Er hat uns alles gegeben, was wir haben.

Unser Leben und alle Gegenstände um uns herum, mit denen wir unser Leben erhalten - all das ist für uns nichts anderes als ein Geschenk Gottes.

Wir verdanken Gott jeden Atemzug, den wir einatmen, jeden Tropfen Wasser, den wir trinken, jedes Stück Brot, das wir essen, mit einem Wort, alles, was wir haben und was uns zum Nutzen dient. Wir verdanken Gott unsere Gesundheit, jede geistliche Freude, jeden guten Gedanken, jedes fromme Gefühl und jede gute Stimmung , jede edle Tat, jeder Trost, der uns in Widrigkeiten zuteil wird – mit einem Wort, wir schulden Gott alles.

Gott ist die Liebe, der beste Vater, die Quelle alles Guten. Er hat uns bereits geliebt, noch bevor wir Ihn lieben konnten. Er hat uns geliebt, bevor einer von uns geschaffen wurde. B

Die Fürsorge für uns begann von dem Zeitpunkt an, an dem jeder von uns im Mutterleib gezeugt wurde; wir existieren nur, weil es so Gott genehm. “In Ihm leben wir,bewegen wir uns und sind wir.” (Apg 17, 28).

Außerdem hat Gott uns viele Dinge gegeben, die die anderen Geschöpfe der Welt nicht erhielten. Der Herr hat alles für uns erschaffen und uns zu vollkommenen Herren der Welt gemacht, uns seinen himmlischen Engeln näher gebracht, Sich Selbst in uns eingeprägt und uns seinen reinsten Leib und sein reinstes Blut zur Speise gegeben hat. Schauen Sie sich die Tiere an: Ein böser Hund liebkost seinen Herrn, der sich um ihn kümmert; böse Bestien werden gezähmt, wenn sich ihnen jemand nähert, der sie gewöhnlich mit Nahrung versorgt. Wenn ein Mensch nicht die rechte Liebe zu seinem Schöpfer hat, der ihn mit allerlei Geschenken überhäuft hat, dann ist ein Mensch unhöflicher und undankbarer als alle Tiere der Welt.

Das Gesetz Gottes verbietet uns Christen niemals Eltern und Kinder zu lieben, und im Allgemeinen eine natürliche Bindungen zu Dingen oder Personen zu haben; es verpflichtet uns nur dazu, Gott mehr zu lieben als jede andere Sache oder Person. Daher ist es überhaupt keine Sünde Reichtum, Ehre und Herrlichkeit zu besitzen. Aber wegen ihnen Gott zu vergessen und seine Gebote zu übertreten, das ist Sünde. Es ist uns nicht verboten, mit dem Essen zufrieden und ordentlich gekleidet zu sein, nur ist es verboten, unseren Leib zu vergöttern und die kostbaren Gaben Gottes mit Eifer zu zerstören. Es ist überhaupt nicht kriminell, die Schönheiten der Welt zu bewundern, denn Gott selbst hat diese Schönheiten erschaffen, nur machen wir uns durch jegliche Maßlosigkeit und Gier schuldig, jene Leidenschaften, die unser Herz verderben, unseren Verstand verdunkeln und uns ungerecht sowie unglücklich machen. Alles wurde von Gott geschaffen, und jedes Geschöpf scheint zu jedem von uns zu sagen: Liebt nicht mich, sondern meinen Schöpfer. Sogar uns selbst müssen wir weniger lieben als Gott, weil wir von demselben Gott erschaffen wurden. Unser Herz ist nicht so sehr unser Eigentum als Gottes; die Fähigkeit zu lieben, die Liebe selbst, ist nicht unsere, sondern Gottes Werk. Abgesehen davon, dass wir von Natur aus dem Herrn gehören, hat er uns als Geschöpfe zum zweiten Mal durch seine Gnade erkauft, indem er uns mit seinem Blut erkauft hat, indem er unsere Menschlichkeit auf sich genommen hat. All dies ist aus Liebe geschehen und erfordert von uns gegenseitige Liebe.

Aber wie können wir nun unsere Liebe zu Gott ausdrücken? Wie kann man seine Liebe zu Gott beweisen? Durch Worte. Aber Worte allein können kein zuverlässiges Zeichen unserer Liebe zu Gott sein. Nach dem Gebot des heiligen Apostels Johannes des Theologen sollen wir sogar unseren Nächsten nicht in Wort und Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit (1 Joh 3,18). Umso mehr sollen wir Gott in Tat und Wahrheit lieben. Aber durch welche Taten sollen wir beweisen, dass wir Gott lieben? Um uns die Möglichkeit zu geben, unsere tätige Liebe, Gott gegenüber zu zeigen,beliebte es dem Herrn, uns zu sagen, dass alles, was wir für unseren Nächsten tun, Er als für sich selbst getan, anerkennt. Allen, die ihren Nächsten tatkräftige Liebe erweisen, wird Er beim Jüngsten Gericht sagen: „Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 23, 40). Und zu allen, die ihren Nächsten keine tätige Nächstenliebe gezeigt haben, wird er sagen: „Weil du dies einem von diesen Geringsten nicht getan hast, hast du es mir nicht getan“ (Mt 25,45). Daher sind diese beiden Gebote so eng miteinander verbunden, dass wir, ohne das eine zu erfüllen, das andere keinesfalls erfüllen können. Dies ist der sichere Weg, die Liebe zu Gott in Aktion zu zeigen! Als Empfänger unserer Dankbarkeit Gott gegenüber übergab uns der Herr unsere bedürftigen Nächsten.

Dem Allmächtigen Gott können wir auf keinerlei Weise helfen, denn Er der Allgenügende und der Allerhabene sollte folgerichtig unseren Nächsten helfen, unsere Vergehen gegenüber unseren Nächsten vergeben.

Wenn wir das nicht tun, dann wird es keine wahre Liebe zu Gott in uns geben. Wenn jemand nach den Worten des Apostels Johannes sagt: „Ich liebe Gott“, aber seinen Bruder hasst, dann ist er ein Lügner: denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht? (1 Joh 4,20).

Wenn wir also wissen wollen, ob unsere Liebe zu Gott wahr ist, dann sollten wir auf uns selbst achten und sehen, ob wir seine Kinder, unsere Brüder, das heißt alle Menschen lieben? Freuen wir uns jederzeit, unserem Bruder jede nur erdenkliche Hilfe zukommen zu lassen? Sind wir bereit, die uns von unseren Nächsten zugefügten Beleidigungen aus tiefstem Herzen zu vergeben und ihnen Gutes für Böses zu vergelten? Wenn wir unseren Nächsten gegenüber nicht so gesinnt sind, dann gibt es keine wahre Liebe zu Gott in uns. Denn ohne Nächstenliebe gibt es keine wahre Liebe zu Gott. Ebenso ist wahre Nächstenliebe ohne Liebe zu Gott unmöglich. Wenn wir sehen, dass wir manchen Menschen zu Dank verpflichtet sind, dass manche Menschen etwas zu unserem Besten beitragen oder Unglück von uns abwenden und wir kaum ohne sie auskommen, dann empfinden wir in der Regel etwas Liebe in uns für diese Menschen. Aber diese Liebe ist keine Nächstenliebe, die der Herrgott von uns verlangt. Diese Liebe gilt nicht unseren Nächsten, nicht für die Menschen an sich, sondern nur für den Nutzen oder die Freude, die sie uns bringen. Diese Liebe wird nicht von Dauer sein, denn sie wird nur so lange bleiben, wie die Menschen, die wir lieben, uns Nutzen oder Freude bereiten. Diese Liebe ist unedel und verdient nichts von Gott, dem Herrn: „Und wenn du die liebst, die dich lieben, welchen Dank erwartest du dafür? Denn auch die Sünder lieben diejenigen, die sie lieben. Und wenn du jenen Gutes tust, die dir Gutes tun, welche Ehre gebührt dir dafür? Tun nicht auch die Sünder dasselbe. Und wenn sie denen etwas leihen, von denen sie hoffen, dass sie es zurückzubekommen, welche Dankbarkeit erwarten sie dafür? Denn auch Sünder leihen Sündern, um den gleichen Betrag zurückzubekommen.“ (Lk 6,32-34). Aber wenn unsere Liebe auf der Liebe zu Gott beruht, oder wenn wir unseren Nächsten lieben, weil es Gott gefällt, da sie Gottes Geschöpfe, Kinder Gottes sind, dann ist unsere Nächstenliebe wahre Liebe. Denn dann beschränkt sich unsere Nächstenliebe nicht nur auf Menschen, die uns von Nutzen sind, sondern erstreckt sich auf alle Menschen, weil alle Menschen Kinder Gottes, Gottes Schöpfung sind. Dann lieben wir alle Menschen, unabhängig davon, ob sie uns von Nutzen sind oder unserem Vergnügen dienen; dann berauben wir unsere Feinde und Beleidiger nicht unserer Liebe, denn auch sie sind Kinder Gottes und unsere Nächsten. So macht die Liebe zu Gott unsere Liebe zum Nächsten allumfassend, ebenso wie sich die Liebe Gottes in vollem Umfang auf alle Menschen erstreckt.

Wenn wir unseren Nächsten um des Herrn (Gott) willen lieben, dann zeigt sich unsere Nächstenliebe in der Tat. Ein Mensch, der nur aus Eigennutz zur Nächstenliebe motiviert ist, zeigt er tätige Nächstenliebe nur dann, wenn er davon seinen eigenen Vorteil erhofft. Aber wenn wir unseren Nächsten Gottes wegen lieben, dann lieben wir ihn in der Tat, auch wenn er uns keinen Nutzen, keine Freude bringt. So trocknen wir mit unserer Hilfe die Tränen der Unglücklichen oder stärken sie mit unserem Rat, obwohl wir nicht die geringste Belohnung von ihnen erwarten. Wir erweisen auch jenen tätige Liebe, die uns Böses angetan haben, denn was wir für diese Menschen von uns aus nicht tun möchten, tun wir um Gottes willen, Den wir lieben und Der auch sie liebt. Wer seinen Nächsten um Gottes willen liebt, dessen Nächstenliebe muss aufrichtig sein, denn Gott, den er liebt, sieht alles und hasst Heuchelei, Unaufrichtigkeit und alle Ungerechtigkeit. Daher kann es keine wahre Gottesliebe ohne Liebe zum Nächsten geben, noch wahre Nächstenliebe ohne Gottesliebe.

Gottesliebe und Nächstenliebe sind untrennbar miteinander verbunden. Deshalb ist das Größte die Gottesliebe, und deine Nächsten sollst du lieben wie dich selbst.

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