Kapitel 1: Wir haben das Gesetz verlassen Teil 1

16. March 2023

Ein Buch von Erzpriester Andrej Lemeschonok

Wir sind zu einem teuren Preis erkauft

Die Sünde redet dem Menschen ständig ein, dass das kirchliche Leben eine Beschneidung der persönlichen Freiheit darstellt. “Warum kann ich nicht essen, wann ich will und was mir schmeckt? Warum kann ich mir nicht alles anschauen, wenn ich doch alles sehen und erfahren will? Warum kann ich nicht darüber nachdenken, was mir gefällt und was angenehm ist, sondern soll meinen Verstand zum unablässigen Gedenken Gottes und zu Enthaltsamkeit erziehen? Aber ich habe doch ein Recht auf ein eigenes Leben und dies gehört auch nur mir!”

Und wir müssen unsere Wahl treffen: Wem wir folgen und wohin wir gehen wollen. Der Apostel Paulus sagt befremdliche Worte: Ihr seid zu einem teuren Preis erkauft (1 Kor 6,20). Sein Leben in die Hände Gottes legen und Christus nachfolgen stellt die Hauptaufgabe für jeden gläubigen Menschen dar.

Natürlich wird es Widerstand geben und unseren Nächsten wird unsere Leben seltsam und unverständlich erscheinen. Da lebte einer wie alle anderen und plötzlich beginnt er, ein völlig anderes Leben zu führen: Er nimmt nicht mehr an dem leeren Gerede und sinnlosen Diskussionen teil. Er interessiert sich nicht mehr dafür, wieviel etwas kostet oder wer was besitzt. In sein Leben sind andere Werte und Einstellungen getreten.

“Was ist mit dir passiert? Was ist los? Bist du krank? Du hast aber abgenommen, siehst ganz verhärmt aus! Ist dir etwas Schlimmes widerfahren?” Aber der Mensch versucht, jenen Lichtstrahl, jene Freude, die er in der Begegnung mit Gott erfahren hat, in sich zu bewahren. Er will verstehen, wie er weiterleben soll. Denn, wenn ein Mensch mit Gott in Berührung kommt, dann erfährt er die ganze Fülle des Lebens. Die ganzen anderen Werte verlieren ihren Sinn und man möchte für sie keine wertvolle Zeit mehr verschwenden.

Der Mensch erwirbt die innere Freiheit von dieser zeitlichen Welt, von sich selbst.

Der Weg ist mühsam

Im Leben eines Christen wechseln sich Paradies und Hölle ab. An einem einzigen Tag kann man in der Hölle und im Himmel sein. In dem einen Herzen gibt es sowohl Tod als auch Auferstehung.

Wir haben Angst und ähnlich wie die Apostel verstehen wir aus Erschöpfung nicht, was als Nächstes in unserem Leben passiert. Uns interessiert nicht mehr, was im Fernsehen gezeigt wird, was von den Leuten gesagt und in den Zeitungen geschrieben wird. Es langweilt uns, ist für uns uninteressant. Es ist uns schon so überdrüssig, dass man Augen und Ohren schließen möchte.

Aber wir haben noch nicht die Liebe gefunden, die die Leere füllen könnte, die sich in uns gebildet hat, als wir das äußere lärmende Leben verlassen haben, und sind noch nicht zum inneren Leben gekommen, das still und unauffällig verläuft.

Wir haben das Gesetz verlassen, aber noch nicht zur Liebe gefunden. Schwierig ist der Weg zum himmlischen Jerusalem.

Wenn jemand die Auferstehung nicht durchlebt hat und keine Ewigkeitserfahrung in diesem Leben erwarb, dann ist er noch nicht fest entschlossen in seiner Nachfolge Christi. Und selbst wenn man eine Zeit lang in Gott gelebt hat, wenn es scheinbar keinen Grund mehr zu zweifeln gibt, findet die Sünde, die im Inneren lebt, ihre Schlupflöcher, denkt sich Ausreden aus und man beginnt zu schwanken, Zweifel tauchen auf. Und es sind schmerzhafte Veränderungen im Innenleben eines Menschen: am Morgen stirbst du, und es scheint, dass deine letzte Stunde gekommen ist, aber dann kommt Gott und schenkt dir Leben in Fülle. Wir nähern uns allmählich, Schritt für Schritt, Gott und verbinden uns durch das Band der Liebe und des Glaubens mit Gott und untereinander.

Und Gott wird bis zur letzten Minute unseres irdischen Lebens auf uns warten. Denn er ist unser Erlöser und liebender Vater.

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