Ikone von der Heilung des Blindgeborenen
vom Hl. Kyrill von Jerusalem
Da wir die Heilung dieses Blinden als ein Vorbild der Berufung der Heiden verstehen, wollen wir erklären, wie wir den Sinn dieser geheimnisvollen Tat in wenigen Sätzen herausarbeiten. Zunächst beschäftigen wir uns damit, dass Jesus nach dem Verlassen des jüdischen Tempels im Vorübergehen den Blinden sah, danach werden wir zu unserem Nutzen anfügen, wie der Erlöser, ohne dass ihn jemand bat un anflehte, sondern aus freien Stücken und aus eigenem Antrieb auf den Menschen zuging, um ihn zu heilen. Das tat er zum Zeichen dessen, dass auch von den Heiden keine Bitte an Ihn ergangen war; denn alle befanden sich ja im Irrglauben. Doch Gott, der gütig ist und dessen Wesen Güte ist, ging aus eigenem Verlangen mit seinem Erbarmen auf sie zu. Wie sehr und auf welche Weise hatte doch die große Anzahl der Heidenvölker nach dem göttlichen Erbarmen verlangt! Der Heiden Geist war fürwahr in unvergleichbarer Unwissenheit befangen, so dass sie den Erleuchter überhaupt nicht sehen konnten. Obwohl nun der Blinde vor seiner Heilung Jesus nicht bemerkte und nicht sah, wurde ihm gegen alle Erwartung Erbarmen und Menschenfreundlichkeit zuteil; auch den Heidenvölkern sollte das durch Christus widerfahren. Am Sabbat wurde die Heilung gewirkt.
Ein Vorbild ist das für uns, das auf die machtvolle Gnade des Sabbats hinweist; in ihm erscheint der letzte Tag des gegenwärtigen Zeitalters, an dem der Erlöser auch die Heiden erleuchtet. Das Ende der Woche, der Sabbat ist angebrochen, und der Eingeborene erscheint uns allen in der letzten Stunde, in der letzten Zeit des Weltalters. Die für diese Zeit aufbewahrten Völker sollen in würdiger Weise für ihre Rettung sprechen: “Wie groß sind deine Werke, Herr, in Weisheit hast Du alles gemacht!” (Ps 92, 6).
Ikone von der Heilung des Blindgeborenen
Weshalb, fragt vielleicht nun jemand, macht er, wenn Er alles ohne Mühe durch Sein Wort ordnen kann, mit Seinem Speichel einen Brei, bestreicht die Augen des Leidenden und verlangt etwas Schwieriges von ihm: “Geh und wasch dich in dem Teich Schiloach!” Ich denke, ein tiefer Sinn liegt diesen Worten zugrunde; denn der Erlöser tut ja nichts ohne Absicht. Er bestreicht die Augen mit dem Brei und fügt der Natur des Sehvermögens hinzu, was ihr mangelt und fehlt. Dadurch macht er offenkundig, dass Er Selbst es war, Der uns am Anfang (aus Staub) erschaffen hat, der Bildner und Schöpfer des Alls. Diese machtvolle Handlung hat aber noch einen weiteren Sinn, der auf das Mysterium (der Taufe) hinweist. Was wir hierzu sagen und welche Überlegungen wir dazu anstellen, wollen wir genau erforschen. Auf keine andere Weise konnten die Heidenvölker von der sie umschließenden Blindheit befreit werden und das göttliche und heilige Licht schauen, d. h. Kenntnis von der heiligen und wesensgleichen Dreieinigkeit erlangen, als dass ihnen die Teilnahme an seinem heiligen Fleisch gewährt wurde und sie von der verdunkelnden Sünde abgewaschen und der Gestalt des Teufels entkleidet wurden - versteht sich - durch die heilige Taufe. Als der Erlöser dem Blinden schon vor dieser Zeit das Zeichen des (Tauf-)Mysteriums aufdrückte, brachte er an ihm zur Vollendung. Denn zu einem Abbild (Ikone) der heiligen Taufe ließ Er ihn zum Schiloach laufen und sich in ihm baden. Gut und durchaus treffend übersetzt der weise und vom Heiligen Geist erleuchtete Evangelist diesen Namen. Bedenken wir doch, dass es keinen anderen gibt, der zur Vernichtung der Sünde und des teuflischen Truges uns von oben “gesandt” wurde als der vom Vater kommende und von ihm gesandte eingeborene Sohn. Von Ihm wissen wir, dass Er unsichtbar in den Wassern des heiligen Tauchbades schwimmt; in Ihm waschen wir uns voller Glauben, nicht um den Schmutz des Leibes abzuwaschen, wie die Schrift (1 Petr 3, 21) sagt, sondern um gleichsam eine Schmach und die Unreinheit unserer geistigen Augen wegzuspülen, damit wir, gereinigt, in Reinheit künftig die göttliche Schönheit zu schauen die Kraft haben. Wie nach unserem Glauben der Leib Christi lebenspendend ist, da Er des lebendigen göttlichen WORTES Tempel und Wohnung ist und dessen ganze Wirkmacht in sich trägt, so ist nach unserer Überzeugung von gleicher Art auch die Gabe seiner Erleuchtung.