Wenn irgend eine Segnung der Patriarchen, die auf den Geist Gottes sich stützt, wenn irgend ein Gut der geistigen Gesetzgebung in Folge der Verheißung von jenen erhofft wird, die einen guten Lebenswandel führen, wenn man glaubt, daß in den geschichtlichen Sinnbildern irgendeine Wahrheit vorher verkündet sei, wenn irgendeine prophetische Stimme das Übernatürliche als frohe Botschaft uns verkündet, so ist das alles im heutigen Gnadengeschenk enthalten. Und wie in dem unsern Augen sich darbietenden Anblick ein Licht uns umstrahlt, das aus unzähligen Lichtquellen in unsere Augen strömt, so wird uns durch die umfassende Segnung Christi, welche wie ein Feuermeer durch sich selbst leuchtet, dieses große Licht verschafft, das aus vielen und mannigfaltigen Strahlen der Schrift zusammengesetzt ist. Denn aus jedem der göttlichen Aussprüche kann man etwas entnehmen, was der heutigen Festfeier entspricht …
Wann nun geschah die Auferstehung? Am Abend des Sabbates ruft Matthäus. Das also ist die Stunde der Auferstehung nach dem Wort des Engels. Das ist der Termin des Aufenthaltes des Herrn im Herzen der Erde. Denn als bereits später Abend geworden ist, ― es war aber der Abend der Anfang jener Nacht, auf welche der erste Tag der Sabbate folgt, ― da tritt das Erdbeben ein. Da wälzt der Engel in glänzendem Gewande den Stein vom Grab. Die Frauen aber, die sich etwas vor Tagesanbruch auf den Weg machten, als bereits die Morgendämmerung anbrach, und im Aufgang sich einiger Sonnenglanz zeigte, erfahren, dass bereits die Auferstehung geschehen sei. Diese nahmen das Wunder wahr, über die Stunde wurde ihnen nichts mitgeteilt. Denn dass er auferstanden sei, sagte ihnen der Engel, wann aber, fügte er nicht an. Aber der große Matthäus hat allein unter allen Evangelisten die Zeit genau angegeben, indem er sagt, der Abend des Sabbats sei die Zeit der Auferstehung…
Wollen wir auch nicht schweigen, von jenem Ratsherrn, dem Josef von Arimathäa, der jenen unbefleckten und heiligen Leib empfängt, ihn in reine Leinwand hüllt und in ein neues, reines Grab legt. Die Tat jenes edlen Ratsherrn diene uns zur Richtschnur, dass wir in gleicher Weise zu Werke gehen. Wenn wir jenes Geschenk des Leibes empfangen, sollen wir es nicht mit einer beschmutzten Leinwand unseres Gewissens empfangen und es nicht in ein von toten Gebeinen und jeder Unreinheit befleckten, übelriechendem Grab unseres Herzens legen. Sondern, wie der Apostel sagt, soll jeder sich selbst prüfen, damit dem, der die Gnade unwürdig empfängt, die Gnade nicht zum Gerichte wird. Aber selbst während ich spreche, fühle ich mich vom glänzenden Gewand des Engels umstrahlt, und mit Wohlwollen wird mein Herz durch jenes erfreuliche Beben erfüllt, das den schweren Stein vom menschlichen Grab weggewälzt, wodurch sich allen die Tür der Auferstehung öffnet.
Wollen auch wir hineilen, das unerwartete Schauspiel zu sehen! Schon ist der Sabbat vorüber, bleiben wir nicht hinter den Frauen zurück! Auch in unseren Händen wollen wir wohlriechende Salben tragen, den Glauben und das Gewissen, denn das ist der Wohlgeruch Christi. Lasst uns nicht mehr den Lebenden bei den Toten suchen! Denn jenen, der ihn so sucht, stößt der Herr von sich, indem er sagt: „Rühre mich nicht an. Wenn ich zum Vater aufgestiegen bin, dann kannst du mich berühren,“ d. h. stelle dir nicht die leibliche Knechtsgestalt in deinem Glauben vor, sondern den, der die Herrlichkeit des Vaters hat, und in der Gestalt Gottes erscheint, dieses Wort, das Gott ist, bete an, nicht die Gestalt des Knechtes. Wollen wir auch die frohe Botschaft vernehmen, die uns das Weib bringt, das im Glauben mit Recht dem Mann vorauseilt, damit es, indem es im Guten den Anfang macht, das Unheil gut zu machen suche, das es angestiftet hat. Wie lautet also die Freudenbotschaft des Weibes, die in Wirklichkeit nicht von Menschen kommt und nicht durch Menschen, sondern durch Jesus Christus verkündet wird? Höret also, sagt es, was der Herr uns aufgetragen hat, euch mitzuteilen, euch, die er auch seine Brüder nennt. „Ich gehe zu Meinem Vater und zu eurem Vater, zu Meinem Gott und zu eurem Gott.“ O schöne und herrliche Botschaft! Der unsertwegen unter uns gelebt hat, erhebt sich, damit er mit uns gleichen Geschlechtes werde und uns zu seinen Brüdern mache, um durch sich alle in seiner Menschheit zum wahren Vater emporzuziehen. Damit jene, die ohne von Natur Götter zu sein in Knechtschaft leben, nicht mehr Schmach trifft, sondern wieder zum lebendigen und wahren Gott geführt nicht mehr vom väterlichen Erbschaft ausgeschlossen und zurückgewiesen werden, da sie dem Sohn durch die Annahme an Kindesstatt nachfolgen. Der sich zum Erstgeborenen unter vielen Brüdern im Fleisch gemacht hat, hat die ganze Schöpfung, an der Er durch die Vereinigung mit dem Fleisch teilgenommen hat, an sich gezogen.
(Aus der Rede über die dreitägige Feier des Sterbens und Auferstehens Christi des Hl. Gregor von Nyssa)