Einst lebte in Griechenland ein Altvater namens Gelasij. Die teuerste und kostbarste Sache, die er besaß, war ein Buch, das in Leder eingebunden war. In ihm befanden sich das ganze Alte und das Neue Testament. Dieses Buch lag immer in der Kirche, damit jeder, der wollte, es lesen konnte.
Ein Bruder, ein Pilgerer, kam eines Tages, um den Starez zu besuchen. Als er von dem Altvater wegging, nahm er einfach das kostbare Buch mit. Obwohl Vater Gelasij es bemerkte, verfolgte er den Bruder nicht, um das Buch zurückzubekommen.
Am gleichen Tag ging der Bruder in die Stadt, um jemanden zu suchen, dem er das Buch verkaufen kann. Schnell fand sich jemand, dem das Buch gefiel. Doch der Preis schien dem Käufer etwas zu hoch zu sein und so fragte er den Bruder, ob er das Buch behalten kann, um den genauen Preis zu erfahren. Später würde er dann diesen Preis auch zahlen.
Der Bruder übergab das Buch an den Käufer. Dieser nahm es, um es Vater Gelasij zu zeigen und nach dem Preis zu fragen. Vater Gelasij sagte ihm, dass es ein gutes Buch sei und den genannten Preis wert. Doch der Käufer gab dem Bruder eine andere Auskunft und sagte zu ihm: “Ich habe es Vater Gelasij gezeigt, und er hat mir gesagt, dass es viel zu teuer ist. Es kostet nicht den von dir genannten Preis.” Der Käufer sagte das, weil er ahnte, dass der verkäufer es bei Vater Gelasij in der Kirche gestohlen hatte. Denn dieses heilige Buch kannten alle in der Stadt. Der Käufer wollte das Gewissen des Bruders prüfen, war doch dieses Buch ein unbezahlbarer Schatz der Stadt, der Kirche und aller Einwohner.
Ängstlich fragte der Bruder: “Sonst hat der Starez nichts zu dir gesagt.” “Nichts!”, antwortete der Käufer. Da sich das Gewissen des Bruders meldete, sagte dieser: “Hör zu, ich möchte das Buch jetzt nicht verkaufen.”
Daraufhin machte sich der Bruder mit dem Buch auf den Weg zu Vater Gelasij. Das Gewissen quälte seine Seele und peinigte ihn schrecklich. Er bekannte vor dem Starzen seine Schuld und bat ihn, das Buch zurückzunehmen. Doch der Starez wollte es nicht zurücknehmen. Da sagte der Bruder zum Altvater: “Wenn du es nicht nimmst, werde ich keine Ruhe finden. Ich bereue von ganzem Herzen, was ich getan habe.” Darauf antwortete Vater Gelasij: “Wenn du so beunruhigt darüber bist, dann nehme ich das Buch zurück.”
Der Bruder, der eine solche Belehrung durch das Verhalten des Starzen erfuhr, lebte fortan bei ihm bis zu seinem Tode. Niemals mehr tat es so etwas. Lange bat er Gott im Gebet um Vergebung. Und Er vergab ihm, denn der Bruder hatte eine schreckliche Sünde begangen - einen Diebstahl und noch dazu eines heiligen Buches. Diese Sünde nennt man: “Gotteslästerung”. Gott selbst hat uns geboten: “Stehle nicht, dann werden dein Gewissen und deine Seele rein sein.” Deshalb halten wir dieses Gebot ein und werden niemals jemandem etwas stehlen, wie sehr uns auch etwas Fremdes gefallen oder gar von Nutzen sein könnte.